Vom Millionär zum Bettelmann

14.04.2025

HIER sitzt man Seite an Seite bei purem Genuss

„Hier sitzt der Millionär neben dem Bettelmann. Da muss einfach für jeden was dabei sein“ sagt Claudia Lappöhn leicht überspitzt. Was die Inhaberin der Sportgaststätte Leukersdorf meint, ist der breit gefächerte Kundenkreis, bei dem man überzeugen möchte. – mit gutbürgerlicher Familienküche und Gerichten, die zeigen: „Dass wir in der Küche auch Lust auf mehr haben.“ Für den Podcast „hERZschlag“ hat das Regionalmanagement Erzgebirge der Köchin einen Besuch abgestattet. Unter anderem wurde ihr dabei auf den Zahn gefühlt, wie sie ihre Leidenschaft für das Leben auf dem Land in die Töpfe bringt.


Die perfekte Rezeptur für Erfolg

Die Gastronomiebranche füllt unsere Medien aktuell so ein bisschen leider als ein sterbendes Sorgenkind der Dienstleistungsbranche. Was ist denn aus deiner Sicht die Rezeptur für ein Restaurant, was gut läuft und auch morgen noch eine Chance am Markt hat?

Früher hätte ich auf die Frage geantwortet: viel Herzblut, ein stabiles Team mit Spaß bei der Sache, sauberes Handwerk , gute Kalkulation. Aber die Anforderungen sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Ohne ein kreatives Krisenmanagement und juristisches Grundverständnis ist es beinahe unmöglich geworden. Soziale Medien sind essentiell, um sich zu vermarkten. Und es gehört zu unserem Job, dass sich der Gast nach dem Besuch besser fühlt als vorher. Und dazu ist es eben nötig, auf jeden individuell einzugehen. So etwas schafft Zugehörigkeit.

Im Erzgebirge kennt man sich besser

Der Ort hat dörflichen Charakter – befindet sich am Fuße des Erzgebirges, im grünen Gürtel von Chemnitz. Um euch herum sind Felder, Landwirtschaft. Das riecht nach guten, gesunden regionalen Zutaten und Bio-Höfen. Kommt bei euch davon auch was in den Topf?

Ja, na klar. Wir haben schon immer versucht, möglichst viel regional zu kaufen oder Aufträge an Handwerksbetriebe in den umliegenden Gemeinden zu vergeben. Das regionalste Gericht auf meiner Karte ist der Classic Burger. Die Buns werden von der Bäckerei im Ort gebacken und das Fleisch kommt zwei Orte weiter von dem Demeter Bio-Hof. Von dem beziehen wir auch die Kartoffeln, solange er welche hat. ... Und unterhalb auf unserer Wiese haben wir noch unsere eigenen Weideschafe. Also es ist lustig bunt aus Feld und Flur.

Chemnitz ist Kulturhauptstadt Europas 2025 und durch die Autobahn gut mit euch verknüpft. Du bist selbst in der Stadt im Köche-Verein aktiv. Wo zieht es dich mehr hin? Bist du ein Landei oder eher ein Stadtkind? Oder nimmst du dir wirklich so aus beiden Welten das Beste?

Ich habe das Gefühl, dass sich hier auf dem Land die Leute noch besser kennen. Ich empfinde es als wärmer, achtsamer, obwohl wir hier mittlerweile auch darum kämpfen, dass gegrüßt wird. Als ich ein kleines Mädel war, hat mein Nachbar einmal gesagt: Madel, alles im Labn (Leben) hat zwei Seiten. Ich glaube, wir haben hier auf dem Land tatsächlich mehr Lebensqualität und Wohnkomfort.


Claudia Lappöhn im hERZschlag-Podcast




Ich bin dankbar, dass mein Team hinter mir steht

Wo holst du denn persönlich deine Energie her, all die Dinge in deinem Job, Verein und Engagement in der Kommune zu stemmen?

Die meiste Unterstützung erhalte ich von meiner Familie, sonst wäre das alles nicht möglich. Auch aus der Vereinsarbeit bekomme ich viel zurück. Und Reaktionen aus dem Umfeld, die zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das meiste, was ich so treibe, finde ich ganz belebend, was Neues zu entdecken und daran zu reifen. Meine größte Motivation ist es allerdings, das zu erhalten, was mir wichtig ist. Unser Umfeld, unser Geschäft. Schließlich ist das Kneipensterben auf dem Land ums Siebenfache höher als in der Stadt. Und ich bin dankbar, dass mein Team hinter mir steht. Ich könnte mittlerweile mit jeder verrückten Idee kommen. Das ist ein riesiges Geschenk und mehr als jedes Geld wert.

Sportgaststätte Leukersdorf

Siedlerstraße 28

09387 Jahnsdorf OT Leukersdorf

Fon : 0371 220733

Email : einfach.mal.abschalten@sportgaststaette-leukersdorf.de

www.sportgaststaette-leukersdorf.de

Es gibt ein gewisses Mystery-Projekt von dir: das Gärtl. Was wohl wirklich nur auf dem Land möglich ist?

Prinzipiell: Wir nehmen, was wir haben. Das Gärtl hat uns auch eine Auszeichnung vom Landwirtschaftsministerium beschert. Und zwar haben wir bei uns eine vollbiologische Kleinkläranlage mit einem Sandpflanzenfilter. Und unsere Werte sind besser als jedes große Klärwerk. Das Einzige, was übrigbleibt, sind zu viele Nährstoffe. Wir sammeln das Wasser in einem Bioteich und leiten das bei Bedarf auf unsere 100 Quadratmeter Fläche im Nutzgarten. Natürlich waren die Anwohner am Anfang schön spitzmündig, als ich anfing, 100 Kilo Wolle aus der Naturfasermühle im Ort in meinem Garten zu verteilen. Mein Ansatz war, nicht mit Spritzmitteln zu arbeiten, sondern ich wollte ökologischen Landbau. Das, was wir da produzieren, ist eigentlich Bio, auch wenn ich mir das Siegel dafür jetzt nicht leisten kann. Ich arbeite mit Brennnessellauge, Natron und Nützlingen. Und ich habe eben die Möglichkeit, hier auch mal eine alte Sorte anzubauen, was regional ist oder irgendein Experiment, etwas mit was Exotischem wie den mexikanischen Minigürkchen zu machen.


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Was macht das Erzgebirge für dich aus?

Eine gesunde Mischung aus Bodenständigkeit und mit hochgekrempelten Ärmeln in der Lage zu sein, schnell umzudenken und das Beste draus zu machen. Auch mal im Einfachen das Besondere entdecken zu können. Und wenn ich unsere Landschaft angucke, die ist wie das Leben: Das geht beständig hoch und runter. Ich liebe das hier, die kleinen beschaulichen Dörfer mit Fachwerkhäuschen und das Ursprüngliche. Im Wesen genauso wie in der Natur . Wir haben eine bewegte Geschichte hinter uns und wir müssen aufpassen, dass wir in dieser wilden Zeit dieses Lebensgefühl, was uns ausmacht, nicht verlieren.