Weltweit bekannt: erzgebirgische Volkskunst
Späne fliegen, aus einem Stück Holz entstehen die unterschiedlichsten Formen. Geübte Pinselstriche kolorieren filigrane Kunstwerke. Klappernde Klöppelnadeln verdrehen gekonnt Garn zu feinsten Spitzen. Seit Jahrhunderten entstehen im Erzgebirge in geschickter, kreativer Handarbeit liebevoll gestaltete Figuren, Spielzeuge, Holz- und Textilkunstwerke. Die erzgebirgische Volkskunst hat die Region und die außergewöhnlichen Fingerfertigkeiten ihrer Bewohner weltberühmt gemacht und gehört nicht nur, aber besonders zur Weihnachtszeit vielerorts dazu.
Noch heute werden in den Manufakturen der erzgebirgischen Kunsthandwerker Schätze der Volkskunst erschaffen: immer wieder neu, immer wieder anders, immer wieder überwiegend in Handarbeit. Kreativität, handwerkliches Geschick und ein breiter Material-Wissensschatz zeichnen das erzgebirgische Kunsthandwerk aus und werden als Verbundausbildung Holzspielzeugmacher in der deutschlandweit einmaligen Holzspielzeugmacher- und Drechslerschule Seiffen gelehrt. Das Klöppeln kann z. B. in den Klöppelschulen Annaberg-Buchholz oder Schneeberg erlernt werden. In der Fakultät Angewandte Kunst Schneeberg mündet die lange Tradition der Textilkunst sogar in Studiengänge wie Mode- oder Textildesign.
Prominente Kunsthandwerkserzeugnisse
AUS DEM ERZGEBIRGE
Engel und Bergmann
Engel und Bergmann sind als traditionellste Figuren der erzgebirgischen Volkskunst eng mit der Bergbaugeschichte der Region verbunden. Sie symbolisieren die enge Beziehung der Bergmänner zum Licht und zum göttlichen Segen für ihre Arbeit und Familien. Gerade zur Weihnachtszeit erleuchtet das erzgebirgische Paar viele Fenster und Stuben in der Region. Ganze Familienverhältnisse ließen sich so in vergangenen Tagen ablesen: Für jedes Mädchen soll ein Engel und für jeden Jungen ein Bergmann im Fenster gestanden haben.
Besondere Berühmtheit haben die Engelfiguren von Wendt & Kühn, Blank, Sternkopf oder verschiedene kleine Schutzengel erlangt.
Nussknacker
Der Nussknacker hat es zu weltweitem Ruhm gebracht, begonnen mit E.T.A. Hoffmanns Geschichte „Nussknacker und Mausekönig“ über Pjotr Iljitsch Tschaikowskis „Nussknacker-Suite“ und Ballett bis hin zum kleinen „Nutcracker“, der durch die ganze Welt reist. Der erzgebirgische Nussknacker erblickte Mitte des 19. Jahrhunderts in Seiffen das Licht der Welt. Bis heute stellen die Figuren meist Könige, Soldaten oder Polizisten dar, obwohl Darth Vader, der Papst oder ein Werwolf heute die Nussknacker- Landschaft aufmischen, besonders in den USA. Die Vielfalt der Nussknacker lässt sich am besten im Nussknackermuseum Neuhausen erleben – dort sieht man auch den größten Nussknacker der Welt.
Klöppelkunst
Neben dem vor allem holzbearbeitenden Kunsthandwerk zählt auch das Klöppeln zur erzgebirgischen Volkskunst. Mit Hilfe von zwei hölzernen Garnträgern, den sogenannten Klöppeln, entstehen durch Kreuzen und Drehen von Fäden raffinierte Spitzen und Textilkunstwerke. Auch hauchdünne Metalldrähte können beim Klöppeln zum Einsatz kommen und zu modernen Schmuckobjekten werden.
Figuren und Schnitzereien
Drechseln, Reifendrehen, Spanbaumstechen und Schnitzen gehören zu den Handwerkstechniken der Volkskunst im Erzgebirge . Gerade beim Schnitzen und Holzbildhauen sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. In den Kreativwerkstätten des Erzgebirges entstehen handgefertigte hölzerne Figuren und Kunstwerke. Daneben wird in vielfältigen Vereinen das Schnitzen als Freizeitgestaltung gelebt und dadurch das Brauchtum mit den handwerklichen Fertigkeiten von Generation zu Generation weitergetragen.
Eine besondere Schnitzvariante ist das Kettensägenschnitzen, dessen Ergebnisse z. B. in Blockhausen bestaunt werden können. Mit viel Geschick und unterschiedlichen Kettensägen entstehen hier aus Baumstämmen detailreiche, zum Teil mehrere Meter hohe Figuren.
Räuchermännchen
Die kleinen hölzernen Gesellen haben ihre Hochsaison zur Weihnachtszeit. Die „Raachermanneln“ sind im Inneren hohl. Dort hinein wird eine angezündete Räucherkerze platziert und schon raucht das Räuchermännchen aus seinem Mund und Weihrauchduft verbreitet sich im ganzen Raum. In der Anfangszeit stellten die kleinen Figuren meist Berufe des Erzgebirges dar, mittlerweile finden sich darunter aber auch Computer-Nerds mit rauchenden Köpfen, schwarz gekleidete Rockstars oder Comic-Helden.
Weihnachtspyramide
Von den Weihnachtspyramiden geht das Glitzern und Leuchten in den weihnachtlichen Stuben des Erzgebirges aus. Die karussellartigen, zum Teil mehrstöckigen Kunstwerke werden durch die Kerzenwärme zum Drehen gebracht. Auf den kreisenden Tellern finden sich liebevoll gestaltete Holzfiguren. Besonders eindrucksvoll sind die Großpyramiden, die in keinem erzgebirgischen Ort fehlen dürfen und auch auf zahllosen nationalen und internationalen Weihnachtsmärkten zu finden sind. Das Anschieben der Ortspyramiden läutet vielerorts stimmungsvoll die Adventszeit ein.
Schwibbogen
Einer der traditionsreichsten Vertreter der erzgebirgischen Volkskunstlandschaft ist der Schwibbogen . Das älteste, bis heute erhaltene Exemplar stammt aus dem Jahr 1740. Der aus Eisen geschmiedete Bogen wird von einer Paradiesszene mit Adam und Eva dominiert. Darüber wölbt sich bogenartig der Himmel mit Engeln und Lichtern. Lange Zeit gab es nur einzelne Exemplare, die fast alle aus dem Schwibbogenort Johanngeorgenstadt stammen. Mitte des 20. Jahrhunderts begann dann sein rasanter Aufstieg. Unterschiedliche Materialien, bergmännische Motive und variierende Größen machen ihn heute beinahe zu einem Synonym und zu einem der beliebtesten Exportartikel des Erzgebirges. Gerade in den Advents- und Weihnachtswochen erleuchten sie die Fenster im Erzgebirge und bringen so Licht in die finstere Jahreszeit.