02.08.2022
Einsteigen. Integrieren. Aufsteigen: Als Emaillierspezialist auf der ganzen Welt bekannt.
Omeras ist ein Spezialist für Fassadenelemente, Tunnelverkleidung und Großbehälterbau. Das technische Know-how bilden präzise Metallverarbeitung und Oberflächenveredlung mit Emaille. 180 Jahre reicht die Emailliertradition am Standort in Lauter zurück. Eine bewegte Geschichte, die von der jungen Generation kreativ fortgeschrieben wird.
Reiche Tradition, technisches Know-how, individuelle Lösungen, international gefragte Produkte, antriebsstarkes Team – so lauten einige der Zutaten für ein mittelständisches Erfolgsrezept. Omeras hat sie alle. Doch der Erfolg stellt sich nicht im Selbstlauf ein, wie Geschäftsführer Oliver Knauf klar sagt. Eine große Herausforderung ist der Generationswechsel bei den Fachkräften. Die Karrieresituation im Erzgebirge sei gut, es gäbe genügend offene Stellen, so Knauf. Doch junge Leute und Unternehmen müssten zusammenfinden.
Nicht so einfach, wie es klingt. Das klassische metallverarbeitende Gewerbe konkurriert sehr stark mit den digitalen Berufen rund um IT und Medien sowie akademischen Berufslaufbahnen. Omeras setzt auf frühe Berufsorientierung in den Schulen, Partnerschaft zu Hochschulen und soziale Verantwortung. Eigener Nachwuchs wird im technischen Bereich ausgebildet: Verfahrensmechaniker/-in für Beschichtungstechnik, Stahlbauer/-in der Fachrichtung Konstruktionsmechanik und Lackierer/-in.
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Einsteigen. Integrieren. Aufsteigen.
Das Komplettieren von Fassadenelementen aus Metall für Gebäude oder Tunnel verlangt Fingerfertigkeit. Die Teile haben einen Sandwich-Aufbau, der präzises Zusammenfügen erfordert, damit am Ende das große Puzzle zusammenpasst. „Wir sind offen, was die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angeht“, erläutert Knauf seine Strategie, „denn eine hundertprozentige Festlegung bringt nichts, da sonst zu viele Bewerberinnen und Bewerber von vornherein ausscheiden.“
Oliver Knauf nennt ein Beispiel: Der Blechmeister war ursprünglich gelernter Koch, führte selbstständig ein Restaurant. Er fing bei Omeras vor 15 Jahren als Produktionshelfer an. Ihn interessierte die Blechbearbeitung mit Lasertechnik. Mit viel Engagement hat er sich weitergebildet und hochgearbeitet. „Kompetenz hat eben nicht nur etwas mit Qualifikation zu tun, sondern auch viel mit Wollen, mit Leistung und mit Akzeptanz im Team“, erläutert Knauf.
Ich kann vieles lernen, wenn ich will, und vieles erreichen, wenn ich mich engagiere.
Chancen für Quereinsteiger böten sich bei Omeras viele. Entscheidend sei, dass man die berufliche Entwicklung gemeinsam plane. „Formalitäten stellen bei uns keine Grenze dar“, betont Knauf. Ebenso pragmatisch läuft die Integration von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus dem Ausland. Im Team arbeiten Leute aus Afghanistan, Eritrea, Polen, Russland und Tschechien. Das Vertriebsteam ist mehrsprachig, einige Verkaufsbüros befinden sich im Ausland, ebenso eine wachsende Kundenanzahl – Internationalisierung, wohin man schaut.
Für die guten Entwicklungsmöglichkeiten bei Omeras ist Oliver Knauf selbst ein Beispiel. Mit knapp 40 Jahren gehört er zu den jüngsten Geschäftsführern im industriellen Mittelstand der Region. 2008 schloss er ein Studium der Oberflächentechnik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Mittweida ab, stieg 2009 als Leiter des Emaillierwerkes ein, übernahm danach die Leitung der Produktion. Im Zuge einer Nachfolgeregelung wurde er 2015 zum Geschäftsführer berufen und Teilhaber. Berufsbegleitend absolvierte er ein Studium zum Wirtschaftsingenieur an der Westsächsischen Hochschule Zwickau .
Auf die Frage, woher die Energie für diese Karriere in kürzester Zeit komme, antwortet er: „Es ist der Wunsch, etwas zu bewegen, zu verändern und Sinnstiftendes zu tun. Das schafft langfristige innere Zufriedenheit, die man in der Konsumgesellschaft nicht erreichen kann. Heute wird oft verkannt, dass Beruf von Berufung – der zu mir gehörenden Lebensaufgabe – kommt und nicht das notwendige Übel der Berufstätigkeit bezeichnet.“
Wo finde ich meine innere Zufriedenheit? In der Spaßgesellschaft jedenfalls nicht.
Diese Philosophie einer bewussten Lebensgestaltung durch gezielte Selbstverwirklichung versucht Knauf auch an die Mitarbeiter im direkten Gespräch in Abteilungsberatungen, in der teamorientierten Führung des Unternehmens zu vermitteln. Als Vater von zwei Kindern ist er im Unternehmen auch Mentor für die betrieblichen Studenten und Ausbilder. Neben der Philosophie steht dabei auch immer die Bindung zur Region im Erzgebirge und die Verbindung zwischen Innovation und Tradition im Fokus.
Emaillierte Blech-Paneele für die U-Bahn in London
Der Rundgang durch die Produktion ist beeindruckend. Technische Planung und Blechzuschnitt mit Laseranlage arbeiten just in sequence. Alles ist nach Industrie - 4.0-Standard vernetzt. Gerade läuft Material für die U-Bahn in London durch die Maschinen. Omeras fertigt die emaillierte Blechauskleidung für die „Bank Station“ im Herzen der City, des Finanzviertels der britischen Hauptstadt. Weitere Bauvorhaben, wie das am U-Bahnhof Sendlinger Tor in München, laufen parallel.
Die Variation der einzelnen Komponenten, die sich zu einem qualitativ hochwertigen Gesamtbild fügen sollen, ist enorm. Nicht nur einfache Bleche werden als Fassadenelemente kombiniert, sondern individuelle, teils hochkomplexe Paneele. Sichtbar ist die Vielfalt für den U-Bahn-Nutzer später nicht, denn alle Licht- und Medientechnik ist im Hintergrund integriert.
„Die Individualisierung nimmt im Produktionsprozess anteilsmäßig immer mehr zu“, erklärt Oliver Knauf. Die ursprünglichen Kernkompetenzen Metallbearbeitung und Oberflächenveredlung (Emaillieren) werden ergänzt um intelligente technische Planung sowie eng getaktete Baustellen- und Montagelogistik. Die Wege in die Zukunft seien in allen industriellen Trends offen, so Knauf, und Omeras werde diese Wege selbstbewusst mitgehen.
Text: Carsten Schulz-Nötzold
Foto: Erik Wagler