02.04.2014
Mit mutigen Entscheidungen von der kleinen Werkstatt zum mittelständischen Unternehmen
Einen Schritt voraus, das sind Birgit und Steve öfter. Passgenaue Lösungen für die Ideen der beiden finden anschließend Andreas und Sören. Diese beiden Pole zwischen Innovationskraft und Lösungsorientierung stehen für die Unternehmerfamilie Wagner.
Aus einer Tischlerwerkstatt, die in der familieneigenen Garage 1990 eröffnet wurde, wuchs in den vergangenen Jahren ein mittelständisches Unternehmen mit mehr als 80 Mitarbeitern. Unternehmerisches Handeln und mutige Entscheidungen formten einen erfolgreichen Familienbetrieb am Tor des Erzgebirges, der nun für den Preis „Sachsens Unternehmer des Jahres 2014“ nominiert ist.
Wenn am 11. April in Dresden der Preis für „Sachsens Unternehmer des Jahres“ vergeben wird, sitzen die Gebrüder Sören und Steve Wagner als Nominierte im Publikum. Ganz gleich, ob Sie am Ende den Preis erhalten, übersehen werden die beiden zwei Meter großen Tischlermeister auf keinen Fall. Aufgewachsen mit dem elterlichen Tischlereibetrieb haben die Brüder 2011 das Unternehmen von den Eltern Andreas und Birgit übernommen: Schuldenfrei und das bis heute.
Schreinerei & Metallbau Wagner GmbH
Stollberger Str. 58
09399 Niederwürschnitz
Fon : +49(0)37296 797-0
Email : kontakt@smw-fensterbau.de
Unternehmensentwicklung mit dem Blick für den Kunden
Investiert wurde zum Großteil aus eigenem Kapital und das, obwohl die Firma mit vier Erweiterungen seit der Gründung ein enormes Wachstum vorlegt. Allen Wachstumsschritten ist gemein, dass Familie Wagner Branchentrends früh erkannte und diese mutig, mit der handwerklichen Fachkenntnis, umgesetzt hat. So wuchs der Kundenstamm mit dem Bau von Möbeln, Türen und Fenstern sowie kleineren Reparaturarbeiten. Ehemalige Kollegen des Unternehmensgründers Andreas Wagner waren schließlich die ersten Unternehmensmitarbeiter in der Garagenwerkstatt. 1993 bezog man dann den heutigen Standort in der Stollberger Straße in Niederwürschnitz.
Ebenso schnell erkannte das Unternehmerehepaar Wagner den Trend, anstatt natürlicher Materialien, kostengünstigere und witterungsbeständige Kunststoffe für Fenster zu verwenden. In der Konsequenz wurde in den Bau einer Produktionshalle von Fenstern aus Kunststoff investiert. Wenig später entwickelte sich die Nachfrage nach Aluminiumfenstern. Für die eigene Produktion investierten die Wagners frühzeitig in Know-how und Maschinen zur Bearbeitung von Metallprofilen. Hocheffiziente Gebäudehüllen, Sicherheit und ‚zurück zur Natürlichkeit‘ – so lauten seit einigen Jahren die Trends im Hochbau. 2000 investierte man deshalb in den vierten Ausbau, nämlich einer neuen Produktionshalle für den Bereich Holzbau, um fortan alle Kundenanforderungen eigenständig und individuell bearbeiten zu können. „Wir wollen unseren anspruchsvollen Kunden, ob Eigenheimbesitzer, Architekt oder öffentliche Einrichtung, auch zukünftig mit intelligentem Handwerk begeistern. Dafür verbinden wir traditionelle Handwerkskunst mit neuen Fertigungstechnologien“, kommentiert Steve Wagner die Wachstumsstrategie des Unternehmens.
Unternehmensnachfolge gemeistert!
Die Leidenschaft für Holz liegt in Wagners in den Genen. Die Söhne sollten einmal die Firma übernehmen. Sören, der ältere der Brüder, begann 1994 seine Lehre als Tischler im elterlichen Betrieb. Für Steve war zuerst eine Ausbildung im Hoch- oder Metallbau vorgesehen, doch auch er wollte Tischler werden. So lernten die heutigen Geschäftsführer ihre Zunft, das Unternehmen und deren Mitarbeiter als Auszubildende genau kennen und wuchsen mehr und mehr in das Geschäft hinein. Die Meisterschule absolvierten beide ab 2006 gemeinsam. Steve absolvierte zudem die Meisterprüfung als Metallbauer, um zukünftig in allen Geschäftsfeldern auch ausbilden zu können.
Scheinbar perfekt aufgestellt übernahm das Gebrüder-Paar nach dem 20-jährigen Betriebsjubiläum das Unternehmen mit ca. 55 Mitarbeitern von den Eltern, die sich inzwischen neuen Aufgaben in einer eigenen Pension widmen. Mit neuen Produktionshallen, einem breiten Kundenstamm und neuen Ideen wollten beide durchstarten. Doch Management-Aufgaben, die Akquise von Neukunden, die Projektleitung auf den Baustellen und Produktionsleitung im Betrieb stellten anfangs große Herausforderungen an die beiden Jungunternehmer. Zumal das Geschäft florierte und eigentlich mehr Mitarbeiter eingestellt werden sollten.
Mit ChefDesign zum Erfolg
Das Wachstum vom Handwerksbetrieb zum mittelständischen Unternehmen ist anfangs ein fließender Prozess, allmählich stellen sich aber Herausforderungen, die ein Unternehmer nicht mehr allein bewältigen kann. Projektmanagement und Führungsqualitäten sind gefragt, die eine Handwerksausbildung und die Meisterschule oft nicht vermitteln. Der Mut, neue Wege zu gehen, zahlte sich für die Wagners aus. 2012 engagierten die Jungunternehmer Nancy Hübner von der Firma ChefDesign. Die Zwönitzerin arbeitet als selbstständige Coachin und hat sich zur Aufgabe gesetzt, Geschäftsführer strategisch zu schulen, um mittelständische Betriebe teamorientiert und effizient strukturiert zu führen. Ein Unternehmen mit Wachstumspotential braucht klare Strukturen, Verantwortlichkeiten und zuverlässige Mitarbeiter. Dies sind jedoch Gegebenheiten, die durch eine gute Unternehmensführung gepflanzt, gepflegt und gelebt werden müssen. Insbesondere in Wachstumsphasen oder bei der Unternehmensnachfolge spielt Führung eine wichtige Rolle.
Dort setzt Nancy Hübner an, die ein Studium zum Pferde -, Freizeit- und Sportmanagement in den Niederlanden und ein Masterstudium für Innovationsmanagement in Malta abgeschlossen hat, bevor sie zu ihrer Berufung als Chef- und Führungskräftecoach im Erzgebirge fand. Ihr Ansatz zeigt ihren Klienten praktische Lösungen zu ihren zentralen unternehmerischen Herausforderungen auf, um langfristig ein erfolgreicher, erfüllter Chef und Mensch mit Freiraum zu sein. Über einen längeren Zeitraum trainieren die Chefs neue Verhaltensweisen. „Nur regelmäßig praktizierte Dinge werden langfristig zur Gewohnheit, also coache ich meine Klienten über Wochen hinweg. Sie bekommen ‚Hausaufgaben‘, deren Umsetzung wir gemeinsam überprüfen und analysieren. Aufgrund meines Hintergrunds arbeite ich gerne mit dem sogenannten Pferdegestützten Training, sofern es sich anbietet. Pferde sind Herdentiere. Die Beobachtung der Vierbeiner und im Umgang mit ihnen lassen sich ideal soziale Verhaltensweisen ableiten, die auch im Berufsleben gelten.“, beschreibt Nancy Hübner die Methode. Langfristig tragen die Methoden zur Entlastung der Chefs bei, um sich den Kernaufgaben im Unternehmen stärker widmen zu können.
Die Zusammenarbeit mit Nancy Hübner ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Brüder Sören und Steve Wagner gewesen. Sie haben während des Coachings Abläufe optimiert und Aufgabenbereiche des weiter gewachsenen Unternehmens neu gegliedert. Verantwortlichkeiten wurden auf mehrere Schultern verteilt. Sören strukturiert die Produktionsabläufe und ist für die internen Prozessabläufe zuständig. Der vier Jahre jüngere Bruder Steve übernimmt die Akquise und ist für den Einkauf und die externe Kommunikation der Schreinerei & Metallbau Wagner GmbH zuständig.
Mitarbeiter im Fokus
Ohne hoch motivierte Mitarbeiter würden auch zwei engagierte Chefs nicht erfolgreich wirtschaften. Erst seit einigen Wochen ist Jan Schreiter im Team der Wagners tätig. Der Kaufmann, der zuvor im mittleren Management eines Finanzdienstleisters tätig war, kannte das Unternehmen bereits. „Der exzellente Ruf für hochwertige Produkte und als Arbeitgeber waren ausschlaggebend für meine Initiativbewerbung bei den Wagners.“ Typisch für die entscheidungsfreudigen Unternehmer: kurzerhand engagieren sie Jan Schreiter im kaufmännischen Bereich, um mit ihm Optimierungspotentiale zu entwickeln. „Uns ist bislang neu, dass auch Personen wie Jan auf uns zukommen. Als Handwerksbetrieb sind wir es gewohnt Tischler, Metallbauer und Auszubildende einzustellen. Dass wir nun auch einen Betriebswirt an Bord haben, ist eine neue Erfahrung, zeigt uns aber, dass wir auf dem richtiger Weg sind.“, kommentiert Steve Wagner die Neueinstellung.
Dem Thema Fachkräftesicherung stellt sich Steve Wagner selbstbewusst: „Mitarbeiter und Produkte sprechen für sich und sind die beste Werbung nach außen. Wer fair bezahlt, der findet auch die passenden Köpfe und Typen für sein Unternehmen.“ Inzwischen sind 80 Mitarbeiter angestellt. Das Unternehmen zählt zu den gelisteten Lieferanten des Auswärtigen Amtes und hat bereits Fenster und Türen für Botschaftsgebäude in Paris und Lissabon geliefert. Die Wagners planen aber schon weiter, sie setzen sich zum Ziel, zukünftig einen Auszubildenden pro Jahr einzustellen und scheuen nicht davor zurück, neue Wege zu gehen. Die aktuelle Produktentwicklung einer Haustür mit Fingerabdruck-Schließsystem ist das beste Beispiel dafür, wie die die Wagners arbeiten. Typisch erzgebirgisch , nämlich: Gedacht. Gemacht.