„Willkommen im Erzgebirge“: 5. Fachkräftetagung zeigt neue Ideen und Impulse für Ankommen und Bleiben

Kann Zuwanderung im Erzgebirge gelingen? Und wenn ja, welche Voraussetzungen sind notwendig, um Menschen im Erzgebirge dauerhaft zu integrieren? Diese Frage beschäftigt viele regionale Unternehmen und Beteiligte im Prozess von Anwerbung, Ankommen und Integration. In Befragungen und Gesprächen wird dies immer wieder signalisiert. Deutlich werden aber auch die Hürden und konkreten Bedarfe. Neue Ideen, die Akteure in den vergangenen Wochen in Workshops erarbeiteten, wurden im Rahmen der heutigen 5. Fachkräftetagung weiter ausgestaltet. Dazu hatte die Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH mit seinem Welcome Center Erzgebirge ins GDZ Annaberg eingeladen. Etwa 100 Teilnehmer aus Unternehmen, Kommunen und Fachpartnern nutzten die Gelegenheit zum Austausch, um wertvolle Impulse zu bekommen.

Fast 15.000 kleine und mittelständische Unternehmen in einer breiten Branchenvielfalt, eine Region mit der zweithöchsten Industriedichte und der größten Handwerksdichte Sachsens bei einer Arbeitslosenquote, die mit 4,2 Prozent im Jahr 2022 so niedrig wie nirgends in Sachsen ist: Das ist das Erzgebirge mit seiner wirtschaftlichen Kraft. Doch Fachkräfte, die dieses Schwungrad an Wettbewerbsfähigkeit am Leben erhalten, werden immer weniger. Der demografische Druck wird in den nächsten Jahren noch mehr steigen – vielfach wird auch von der demographischen Keule gesprochen. Lösungen, um dem zu begegnen, müssen dringend her. Denn Fakt ist: In den nächsten zehn Jahren werden im Erzgebirge ca. 30.000 Arbeitskräfte fehlen. „Die gezielte Ansprache und Integration von Arbeits- und Fachkräften aus dem Ausland stellt deshalb künftig eine wichtige Säule der Fachkräftesicherung dar“, so Matthias Lißke , Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH. Doch er und sein Team wissen auch um Hürden und konkrete Bedarfe seitens der regionalen Unternehmerschaft, wie eine im März 2023 durchgeführte Befragung in Unternehmen ergab.

Projekt NAFKA für mehr Passgenauigkeit bei Fachkräftesuche

780 Unternehmen wurden befragt, was für sie die größten Hemmnisse für den Einsatz ausländischer Arbeits- und Fachkräfte sind. Sehr häufig wurden fehlende oder wenig passgenaue Deutschsprachkurse genannt. Ergänzt wurde dies durch mangelnde fachspezifische Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Die Ergebnisse bildeten nicht nur die Basis für drei Workshops zu den Themen „Sprache und Qualifizierung“, „Infrastruktur und Mobilität“ sowie „Integration in das betriebliche und soziale Umfeld“. Sie sind auch Ausgangspunkt für zwei neue Modellprojekte des Welcome Centers Erzgebirge. Diese sollen den Zwecken dienen, eine Willkommenskultur in der Region aufzubauen, erfolgreich Arbeitskräfte anzuwerben und diese schließlich optimal ins betriebliche und soziale Umfeld zu integrieren. Dazu wird u.a. eine Datenbank aufgebaut, die staatliche Rekrutierungsprogramme und privatwirtschaftliche Anwerbeakteure listet. Zudem soll diese Plattform ortsnahe Sprachkurse, Qualifizierungsangebote und möblierte Wohnungen bündeln. Im Vordergrund der Projekte stehen auch vertiefende Workshops und Seminare - immer mit dem Fokus darauf, Bewerber aus dem Ausland erfolgreich zu rekrutieren und dauerhaft im Erzgebirge zu integrieren sowie Coaching-Programme für Mentoren. Mit den wesentlich erweiterten Dienstleistungsangeboten unterstützt das Welcome Center Erzgebirge individuelle Perspektivplanungen von Unternehmen sowie Bewerber im Ankommensprozess.

Welcome Center Erzgebirge wächst personell

„Das Welcome Center Erzgebirge war mit seiner Eröffnung im Juli 2016 das erste seiner Art in einem sächsischen Landkreis. Damit hat die Region in Bezug auf dessen inhaltliche Arbeit und den Aufbau eines Kontaktnetzwerkes einen erheblichen Vorsprung gegenüber anderen Kreisen“, so Landrat Rico Anton . Das Welcome Center Erzgebirge ist ein Dienstleistungsangebot der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH und fungiert seit seiner Eröffnung die zentrale Servicestelle, wenn es für „Neulinge“ im Erzgebirge um das perfekte Ankommen geht. Es steht als Lotse im Behördendschungel zur Seite und ist auch Partner für Unternehmer, die ihre neuen Mitarbeiter beim Heimischwerden unterstützen möchten. Dieser Prozess beginnt bereits bei der Beratung von Voraussetzungen, um diesen Weg zur Rekrutierung neuer Mitarbeiter zu gehen. Zusätzlich bietet das Centersogenannte „Welcome-Checks“ in Kommunen und „Welcome Hutzn“ für neue Erzgebirger an, um in allen Lebensbereichen eine Basis für ein Willkommensein zu schaffen. Kristin Kocksch, Leiterin des Welcome Center Erzgebirge, nutzte heute die Gelegenheit und stellte ihr Team vor, das in den letzten Wochen um vier Mitarbeiterinnen gewachsen ist, um das Aufgabenpensum zukünftig auf einem hohen Niveau zu stemmen. „Die Arbeit der letzten Wochen und Monate an neuen Projektanträgen hat sich ausgezahlt – jetzt heben wir das Welcome Center auf eine neue Stufe“, so Kristin Kocksch. „Hauptprämisse bei allen Angeboten war und ist dabei eine Praktikabilität und individuelle Lösungsorientierung für unseren primär inhabergeführten Mittelstand.“

OMERAS – wo Internationalität schon Alltag ist

Wie wichtig der Prozess des „richtigen“ Ankommens ist, um nachhaltige Integration zu schaffen, weiß Oliver Knauf , Geschäftsführer der OMERAS GmbH in Lauter. 170 Beschäftigte arbeiten in seinem Unternehmen, das sich auf die Fertigung von vorgehängten, hinterlüfteten Fassadenverkleidungen aus Edelstahl, Aluminium, Alu-Verbundstoffen oder Emaille spezialisiert hat. Als international agierendes Unternehmen ist OMERAS in 46 Ländern aktiv. Etwa 15 Prozent der Beschäftigten kommen aus dem Ausland - Tendenz steigend. In Lauter-Bernsbach arbeiten Beschäftigte aus zwölf Nationen - Weltoffenheit ist dort eine Selbstverständlichkeit. „Genauso wie das Unternehmertum nicht am Betriebstor endet, gehört zu einer nachhaltigen Integration ein willkommen sein im Unternehmen und in der Freizeit. Ein Ansatz, mit dem wir sehr positive Erfahrungen gemacht haben, ist Integration durch Sport– zum Beispiel spielen im örtlichen Fußballverein einige unserer internationalen Mitarbeiter. Wir müssen ganzheitliche Wege suchen und Lösungen finden. Am Ende sind wir es, die Menschen, die Unternehmer, die Macher, die dies gestalten können, betont Oliver Knauf, Geschäftsführer der OMERAS GmbH.

Deutlich wurde heute, dass willkommen heißen sowohl eine Unternehmens-, als auch gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Nur gemeinsam können umfassende Fachkräfte-Initiativen geleistet werden. Im Erzgebirge geht dies durch die starke Kooperation vieler regionaler Akteure, der regionalen Fachkräfteallianz und mit Unterstützung des Freistaats Sachsen.

Das Welcome Center Erzgebirge wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes und ist ein Projekt der Fachkräfteallianz Erzgebirge.