Traditionsfirma behauptet sich
VON PETRA KADEN
Annaberg-Buchholz - Alles andere als leicht war nach der politischen Wende der
Neubeginn für die Kreisstädter Firma Ruther und Einenkel, die in diesem Jahr 130-jähriges Bestehen feiert. "Wir haben nach der Reprivatisierung mit der Produktion von einfachen Gardinenbändern angefangen. Besonders schwierig war es, auf dem westdeutschen Markt Fuß zu fassen", erinnert sich Geschäftsführerin Doris Seifert.
Mittlerweile hat die Traditionsfirma Kunden in aller Welt: Neben den USA, China, Island
und Skandinavien werden viele Abnehmer in osteuropäischen Ländern regelmäßig mit
Qualitätsbändern aus dem Hause Ruther und Einenkel beliefert. Erste verheißungsvolle
Geschäftskontakte gibt es nach den Worten von Doris Seifert auch nach Italien und
Spanien.
Längst sind es nicht mehr nur Gardinenbänder, die von den knapp 50 Mitarbeitern in der
Produktion hergestellt werden: Die Produktpalette reicht über Teppicheinfassbänder,
bandgewebte Lamellen, Bänder für Lattenroste und Gurtbänder für Autos bis hin zu den
klassischen Posamenten. Letztere werden noch auf alten Maschinen aufwändig produziert, stellen jedoch nach den Worten der Geschäftsführerin lediglich ein Nischenprodukt dar.
"Im Laufe der Jahre hat sich unsere Firma auf die Herstellung von technischen Bändern
spezialisiert. Darunter gibt es eine ganze Reihe eigener Entwicklungen, die genau nach
den Wünschen der Kunden gefertigt werden", erklärt Doris Seifert, die das Unternehmen
zusammen mit ihrem Mann Hans-Jörg führt.
Mit diesen speziellen textilen Erzeugnissen konnte sich Ruther und Einenkel bis heute
erfolgreich auf dem internationalen Markt behaupten. Die Exportquote liegt bei mehr als
50 Prozent, die Wachstumsraten beim Umsatz waren in den zurückliegenden Jahren stets zweistellig. "Das alles hätten wir ohne unsere hoch qualifizierten und motivierten Mitarbeiter nicht geschafft", betont Doris Seifert und berichtet, dass nicht wenige Angestellte der Firma über Jahrzehnte die Treue halten.
Besonders stolz ist die Unternehmerin auf den Nachwuchs: Mit Diana Fiedler und Bettina
Dietze arbeiten zwei junge Frauen im Betrieb, die in diesem Jahr von der IHK Sachsen
jeweils als "Beste im Beruf" ausgezeichnet wurden.
Derzeit kommen zu den rund 60 Mitarbeitern sechs Auszubildende, die in der Produktion
oder der Verwaltung ihren Beruf erlernen. "Die Textilbranche hat Zukunft", ist Doris
Seifert überzeugt. Doch gerade für die Produktion wird es nach ihren Erfahrungen immer
schwieriger, geeignete Bewerber zu finden: "Vielen jungen Leuten fehlt die Motivation zur
Arbeit. Der Wille, etwas aus Fähigkeiten und Begabungen zu machen und dafür auch
Einsatz zu zeigen, ist bei manchen Schulabgängern nicht genug ausgeprägt", weiß die
mehrfach ausgezeichnete Unternehmerin. Seit 1992 haben fast 60 Azubis bei Ruther und
Einenkel einen Beruf erlernt, rund die Hälfte wurde übernommen.
In den vergangenen 20 Jahren haben die Eigentümer in den Produktionsstandort mehr als zehn Millionen Euro investiert - so in die Anschaffung neuer Maschinen und in die Erweiterung des Produktionsgebäudes, das vor drei Jahren zu seiner heutigen Größe aufgestockt wurde.
Gearbeitet wird bei Ruther und Einenkel in drei Schichten. "Wir spüren seit Monaten
deutlich, dass sich die Wirtschaft weltweit erholt", so die Geschäftsführerin: "2009 war die
Lage schwierig, aber inzwischen ist ein deutlicher Aufwärtstrend erkennbar." Quelle: Freie Presse, Ausgabe Annaberger Zeitung, 11.12.2010