Stadt installiert Internet-Hotspots für alle
VON JAN OECHSNER
STOLLBERG - Mehr als 15.000 sogenannte Hotspots gibt es in Deutschland. Dabei handelt es sich um öffentliche drahtlose Internetzugriffspunkte, bei denen Nutzer ohne Kabel mit dem Laptop oder einem Handy ins weltweite Netz gelangen können. In wenigen Wochen kommen vier weitere solcher Hotspots hinzu - in Stollberg. Das Außergewöhnliche: Die Stadtverwaltung selbst lässt das System installieren. Und zwar auf ausgewählten öffentlichen Plätzen - und kostenlos für die Nutzer.
"An vier Stellen, wo sich täglich viele Bürger aufhalten, werden wir diese Anlagen in Kürze aufstellen", sagt Reiner Kunz, der Hauptamtsleiter der Stollberger Stadtverwaltung. Auf dem Marktplatz, am Spielplatz Walkteich, am Bürgerzentrum Dürer und im Seminarpark beim Gymnasium können sich bald die Leute mit ihrem Laptop auf eine Bank setzen und dann drahtlos auf die weltweite Datenautobahn einschwenken. Der Start soll noch im Mai erfolgen.
Lebensqualität erhöhen
Dass dies eine Stadtverwaltung anbietet, ist im Erzgebirge neu. "Eine sympathische Idee. Und meines Wissens ist die Stadt Stollberg Vorreiter in der Region", so Internet-Experte Bernd Rudolph von der Breitbandinitiative Erzgebirge. Auch das Landratsamt konnte gestern keine andere Kommune nennen. Und Reiner Kunz sagt: "Das müsste einmalig im Erzgebirge sein."
Hotspots sind in der freien Wirtschaft mittlerweile gute Mittel, um Kunden zu locken -und an der Umsatzstellschraube zu drehen. Hotels geben sich so ebenso eine weltoffene Aura im Internetzeitalter wie Flughäfen oder Bahnhöfe. Und in Cafés oder Bars sitzen die Leute einfach länger - und bestellen mehr. Campingplätze oder Jugendherbergen steigen in der Beliebtheitsskala.
In Stollberg ist es aber nicht der Umsatz, sondern die Lebensqualität, die die Stadtväter erhöhen wollen. Denn: Auf das Internet wird immer mehr von unterwegs zugegriffen. Bereits jeder vierte Deutsche geht außerhalb des Hauses mit dem Laptop online. Stollberg macht da keine Ausnahme. Bei Handys ist der Trend auf Internetnutzung noch stärker, so der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). Mit derzeit acht Hotspots pro 10.0000 Einwohner kommt Deutschland in der internationalen Rangliste auf Platz 15, hinter Portugal und Belgien. Führend sind die Schweden und Schweizer.
Im Monat unter 100 Euro Kosten
Deutsche Stadtverwaltungen sind eher zögerlich, wenn es um Hotspots geht. Die Stadt Brühl hat so ein System installiert oder auch Kastellaun im Hunsrück. Hier wurde vor etwa einem Jahr beschlossen, den 5000 Bürgern im Innenstadtbereich drahtlosen Internetzugang zu ermöglichen. Laufende Kosten in Höhe von 50 Euro monatlich, dazu für die Einrichtung der Hotspots nochmal fast 3000 Euro, die die Kommune an den Anbieter überweisen muss. In Stollberg soll die Installation etwa 2200 Euro kosten, die Monatsrate nicht mehr als etwa 100 Euro. Auch die Hauptstadt tut sich schwer: In Berlin wird der Ruf nach einem flächendeckend kostenlosen Angebot immer wieder laut. Projekte diesbezüglich werden angeschoben, aber bis jetzt wurde noch keines bis zu Ende gebracht. Die Installation von Hotspot-Funkmasten auf Ampeln oder Laternen wurde vorgeschlagen, vom Senat aber abgelehnt.
Ein flächendeckendes Netz für drahtloses Internet über Stollberg auszubreiten, ist noch ferne Zukunftsmusik - und vielleicht auch nie gewollt. Zumal die jetzigen Planungen ja schon im Erzgebirgsmaßstab außergewöhnlich genug sind. Die abschließende Frage lautet: Sind die anderen Städte zu ängstlich oder ist Stollberg einfach gescheiter? Hauptamtsleiter Kunz: "Die Sachen, die nicht viel kosten aber viel hermachen, sind schon immer unser Ding gewesen." Quelle: Freie Presse, Ausgabe Stollberger Zeitung, 21.04.2011