SERIE: MADE IN ERZ - Ranzen als unverwechselbare Einzelstücke
VON ANTJE FLATH
ANNABERG-BUCHHOLZ - Sie fallen als erstes durch ihr ungewöhnliches Äußeres auf: die Schulranzen von Aruzzi Taugo aus Annaberg-Buchholz. Sie sind aus Kuhfell und Bioleder gefertigt. Und da keine Kuh wie die andere aussieht, sind die Produkte des kleinen Familienbetriebes alles Unikate.
Hinter dem ungewöhnlichen Namen verbergen sich Nicole und Wolfgang Rinas. Die gebürtige Rheinländerin und der Berliner sind erst vor drei Jahren ins Erzgebirge gekommen, wo auch die Idee mit den Schulranzen ihren Anfang nahm: Denn für die Jüngste unter den insgesamt vier Kindern war kein Lederranzen zu bekommen, erinnert sich Nicole Rinas. Ein Plastik-Exemplar kam aber für die diplomierte Soziologin und ihren Mann nicht infrage: "Die Überschwemmung des Marktes mit Plastik finden wir gruselig." Nach langer vergeblicher Suche in ganz Deutschland entschieden sich die beiden schließlich, die Lösung des Problems selbst in die Hand zu nehmen.
"Seit wir Ranzen herstellen, finde ich Kühe richtig sympathisch."
Wolfgang Rinas
Bei einem Besuch auf Schloss Wolkenstein erlebten beide das dort ansässige Regiment bei einer Übung und entdeckten die historischen Felltornister. Die fanden beide toll - die Idee für das Design der selbst entworfenen Schulranzen war geboren. Dem folgte der weitaus schwierigere Teil des Unterfangens: zunächst die Suche nach den Materialien, später nach kleinen heimischen Handwerksbetrieben, in denen die Materialien nach traditioneller Art verarbeitet werden. Das Leder beispielsweise muss die richtige Stärke haben und vor allem pflanzlich gegerbt sein - ohne Chrom oder andere giftige Chemikalien. Und selbst der Faden, mit dem der Ranzen genäht wird, ist ökologisch unbedenklich, versichert Wolfgang Rinas.
Neben der gesundheitlichen Unbedenklichkeit ihrer Produkte ist Familie Rinas noch etwas anderes wichtig: Ihre Produkte sollen in der Region beziehungsweise in Sachsen produziert werden - maximal noch in Deutschland. Im Ausland lassen sie nur fertigen, wenn sie für den jeweiligen Arbeitsgang gar keinen geeigneten Handwerker im eigenen Land finden. Die lange Suche nach einem Täschner beispielsweise endete bei der Spezial- und Gerätetaschen GmbH in Meinersdorf. Dort werden die Ranzen nach der sorgfältigen Materialauswahl durch Nicole Rinas genäht. Die fertigen Stücke lassen sich übrigens problemlos zu einer Umhängetasche umfunktionieren.
Wohl auch deshalb gehören längst nicht mehr nur Kinder zur Kundschaft bei den Rinas', die unter anderem auch schon nach Australien geliefert haben. Auch zunehmend Erwachsene finden Gefallen an den strapazierfähigen und vor allem einzigartigen Stücken. Der Renner unter all den verschiedenen Mustern sind die schwarz-weißen Felle, hat Nicole Rinas ausgemacht. Und ihr Mann meint lachend dazu: "Seit wir Ranzen herstellen, finde ich Kühe richtig sympathisch." Etwa eineinhalb Jahre haben beide in die Entwicklung ihrer Ranzen investiert, dabei unzählige Kontakte zu heimischen Handwerkern geknüpft. Sie zu unterstützen und vor allem altes Handwerk am Leben zu erhalten, ist ein wichtiges Anliegen von Nicole und Wolfgang Rinas. Und so finden sich in ihrem Sortiment auch Kindermöbel aus heimischer Weißbuche, Kissen aus traditionell in Braunsdorf bei Chemnitz gewebter Chenille und Stühle, nach historischem Vorbild gestaltet. Quelle: Freie Presse, Ausgabe Annaberger Zeitung, 19.04.2011