SERIE: MADE IN ERZ - Airbusse starten mit Teilen aus Beierfeld

Wo das Blech mit weißen Handschuhe angefasst wird. Firma Haufe arbeitet zu 50 Prozent für Luftfahrtunternehmen.

VON BEATE KINDT-MATUSCHEK

BEIERFELD - Etwas abseits der Hauptstraße liegt das Beierfelder Firmengelände der Haufe GmbH & Co KG. Die Produktionshalle ist klein, übersichtlich und klar strukturiert, das Büro des jungen Betriebsleiters, Erik Selk, ist winzig. Der 28-jährige gelernte Konstruktionsmechaniker für Feinblechbautechnik und studierte Industriemeister leitet seit zwei Jahren die Firma, in der er einst selbst als Lehrling angefangen hat.

Heute steuert er die Belange speziell für die Blechbearbeitung der Firma Haufe, deren Hauptsitz in Frankfurt am Main ist. In Beierfeld sitzen und arbeiten die Profis in Sachen Blechbearbeitung. Mit den von ihnen konstruierten Bauteilen heben sogar Airbus-Maschinen verschiedener Baureihen ab. "Wir fertigen beispielsweise die Chassis, die über den Köpfen der Passagiere diverse Bedienelemente enthalten", erläutert Erik Selk und zeigt auf eines der mattierten Teile, das die Frauen am Packtisch nur mit weißen Handschuhen anfassen dürfen. Zudem ist die Oberfläche der Metallteile von einer weißen Folie bedeckt. Das alles hat nur einen Grund: "Kontakt mit der Haut des Menschen würde durch den Schweiß chemische Prozesse auf dem Metall in Gang setzen. Außerdem darf nicht der geringste Kratzer dran sein. Jedes Teil muss 100 Prozent einwandfrei das Haus verlassen", erläutert der Chef den geforderten Höchststandard, um bei Unternehmen wie Airbus mit den Produkten landen zu können. Jedes Teil erhält eine eindeutig zuordenbare Chargennummer, die alle Herstellungsschritte belegt. Das wiederum wird über viele Jahre archiviert.

Individuelle Lösungen seien die Stärke des Unternehmens. "Bleche kann jeder machen, heute zählt Service", sagt Selk. In seinem Haus werden Gehäuse, Chassis und Frontplatten nach ganz speziellen Wünschen konstruiert und gefertigt. Diese sind nicht nur in der Luftund Raumfahrttechnik gefragt, sondern auch in der Medizin- sowie der Studio- und Tontechnik.

Der herkömmliche "Musterbau" findet heute am PC statt. Ausgeklügelte Konstruktionen entstehen zunächst auf dem Bildschirm mithilfe einer speziellen 3-D-Software, die das Werkstück nicht nur vor dem Auge des Entwicklers dreht und wendet, sondern sogar Dinge wie Schweißnahtstärken oder Entgratungsreste einrechnet. Hat das Musterstück dank Kollege Computer dann die Produktionsreife anlangt, geht es dennoch mit dem klassischen Zuschnitt aus riesigen Blechtafeln los. Haben die Bleche dann die richtige Größe, verrichtet ein Automat einen Großteil der weiteren Arbeit, die früher von Hand gemacht werden musste. Der Automat - stanzt und biegt, entgratet und schneidet sogar Gewinde. Heraus kommt ein nahezu montagebereites Teil. Ziel sind stets Komplettlösungen für den Kunden, ermöglicht werden sie durch Kooperationen mit Firmen aus der Region.

"Wir werden in diesem Jahr in einen weiteren Blechbearbeitungsautomaten und eine Laserbeschriftungsanlage investieren", so der Betriebsleiter. Rund eine halbe Million Euro sind dafür veranschlagt. Denen hat der Firmeninhaber Dieter Haufe bereits zugestimmt. Der 65-jährige Hesse, dessen Stammhaus in Usingen 1947 als Werkstätte für Studiotechnik gegründet wurde und sich vornehmlich der Herstellung von Hochfrequenz-Übertragern widmet, hatte 1991 den einstigen Teilbereich des Messgerätewerkes Beierfeld gekauft. Seither werden hier induktive Bauelemente gefertigt. Die Blechbearbeitung ist das Hauptstandbein. Drahtführer und Schneidesysteme für Linearwickelsysteme werden außerdem produziert. Letztere werden unterm Mikroskop zusammengefügt und die Spulen für die winzige Mess- und Regeltechnik von Hand gefertigt.

"Bleche kann jeder machen, heute zählt Service."

Erik Selk, Betriebsleiter

Mit der derzeitigen Belegschaft von 35 Mitarbeitern, in einer guten Mischung aus jung und erfahren, wird im Beierfelder Betriebsteil der Firma Haufe im Zweischichtsystem gearbeitet. Lag der Jahresumsatz des Unternehmens im Jahr 2008 bei rund 1,2 Millionen Euro, so konnte er 2010 um 20 Prozent übertroffen werden. "Das Krisenjahr 2009 haben wir im Vergleich bewusst ausgespart", so Selk, dessen Betrieb im Jahr 2009 kurzzeitig auf Kurzarbeit ging. "Doch da wir nur sehr wenig für den Automobilbau machen, und die Medizintechnik von der Krise kaum betroffen war, blieb uns ein größeres Loch erspart", erläutert er. Der bisherige Umsatz im Jahr 2011 lässt - wenn es so weitergeht wie bisher - eine erneute Umsatzsteigerung von gut 25 Prozent erkennen. Quelle: Freie Presse, Ausgabe Schwarzenberger Zeitung, 05.07.2011