Renaissance für Silberbergbau?

Der Silberbergbau hat Sachsen bereits im 12. und im 15. Jahrhundert technischen Fortschritt und Wohlstand gebracht. Jetzt rückt das Edelmetall erneut in den Blickpunkt.

VON GABI THIEME

FREIBERG /ZSCHORLAU - Unter dem kleinen Örtchen Zschorlau bei Aue lagert Silber.

Das steht fest. Nur wie viel es ist, darüber streiten die Geister. Vermutet werden

Gangerzflächen von einigen hunderttausend Quadratmetern. Experten sprechen davon,

dass es sich um eine Wismut-Kobalt-Nickel-Vererzung handelt - mit einem Silbergehalt

von vielleicht 100 bis 200 Gramm pro Tonne. "Für das Teilrevier Brand im Raum Freiberg

vermuten wir einen Restvorrat von knapp zwei Millionen Tonnen Blei-Zink-Roherz mit

einem Anteil an reinem Silber von etwa 140 Tonnen", sagte der Sprecher des sächsischen Oberbergamtes Freiberg, Peter Horler, gestern der "Freien Presse". Beim jetzigen Marktpreis von etwa 22 Euro je Unze Feinsilber hätte allein dieses Vorkommen einen Marktwert von zirka 100 Millionen Euro."

Eine Rechnung, die offenbar auch die Sachsenerz Bergwerks GmbH gemacht hat. Ein

junges Unternehmen mit Sitz in Espenhain bei Leipzig, das im September 2010 aus der

Geiger Holding GmbH entstand. Ziel des Unternehmens ist die Erschließung von

Silbervorkommen im Erzgebirge und die Versorgung von zwei Tochterunternehmen mit

diesem Rohstoff. Diese wiederum verarbeiten zum einen das Edelmetall hauptsächlich zu Barren und Münzen, das zweite Unternehmen gehört zu den führenden Handelshäusern bei Edelmetallen in Deutschland. "Wir gehen davon aus, dass die bekannten Vorkommen in absehbarer Zeit nicht mehr reichen", sagte gestern Adalbert Geiger, Geschäftsführer der Sachsenerz Bergwerks GmbH. Schon jetzt komme es hin und wieder zu Engpässen.

Zugang über alten Türk-Schacht

"Wir brauchen eine dauerhafte Versorgung, die wir durch die Erschließung eigener Quellen absichern wollen." Starten soll die Erkundung im Frühjahr in Zschorlau, wo der noch vorhandene Türk-Schacht samt Förderturm genutzt werden könne. "Wir brauchen aber mindestens acht Grad Außentemperatur, weil der Schacht nur über eine natürliche Belüftung verfügt. Ist es kälter, wird die Radonbelastung zu hoch, weil der Austausch der Luft nicht mehr klappt", sagte Geiger.

Drei bis fünf Millionen Euro werden zunächst in diesen Standort investiert. "Bestätigen sich unsere Vermutungen, gehen wir mit noch einmal der gleiche Summe weiter in die Tiefe, bis unter das Niveau des Markus-Semmler-Stollens." Bis Ende nächsten Jahres soll die Belegschaft der Sachsenerz Bergwerks GmbH auf 50 Beschäftigte wachsen. Weitere Erkundungsfelder, die dem Unternehmen vom Oberbergamt bewilligt wurden, liegen zwischen Wolkenstein und Großrückerswalde (4,6 Quadratkilometer Fläche) sowie zwischen Brand-Erbisdorf , Weißenborn und Freiberg (20,7 Quadratkilometer). Die Erkundungen sollen 2014 abgeschlossen sein. Beschließt das Unternehmen danach auch den Abbau von Silber und weiterer Begleitmineralien, muss es eine gesonderte Bewilligung beantragen.  

Konzept überzeugt Behörde

Obwohl vom sächsischen Oberbergamt bereits für 13 Vorkommen Erkundungserlaubnisse erteilt wurden, spielte Silber bisher nur eine untergeordnete Rolle. Dabei war es gerade das Silber, das Freiberg bereits ab 1168 und den Raum Annaberg ab dem 15. Jahrhundert aufblühen ließ. Erst mit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 und der Ablösung der Silber- durch die Goldwährung setzte der Verfall des Silberpreises ein und wurde in der Folge 1913 die letzte Grube in Freiberg geschlossen. "Silber war allein schon durch den über Jahrhunderte erfolgten Abbau in der Geschichte Sachsens der dominierende Bodenschatz, vom Uran einmal abgesehen", sagte Horler. Welche Mengen noch in den Tiefen der Erde lagern, sei aber derzeit nicht zuverlässig nachweisbar. Fest steht nur, dass beim damaligen Stand der Technik nie bis in große Tiefen nach Silber geschürft wurde. Ein Umstand, der heute offenbar neue Hoffnung weckt. Das Oberbergamt ist von der Seriosität der Sachsenerz Bergwerks GmbH überzeugt. "Das ganze Konzept wirkt seriös, hat Hand und Fuß", urteilt Horler. Er weiß auch, dass der Silberpreis in den vergangenen Wochen sowohl auf Euro- als auch Dollarbasis historische Höchststände markiert hat.

 

 

Quelle: Freie Presse, Ausgabe Annaberger Zeitung, 22.12.2010