Lißke: Das Welterbe- Projekt nicht zerreden
VON ANDREAS LUKSCH
ANNABERG-BUCHHOLZ - Die Debatte um das Welterbeprojekt "Montanregion Erzgebirge " nimmt an Schärfe zu: Statt groß rauszukommen, haben sich die beiden Landtagsabgeordneten Alexander Krauß (CDU) und Tino Günther (FDP) mit ihrem Gegenvorschlag richtig reingeritten. Ihrer Meinung nach sollte das Welterbeprojekt nicht weiterverfolgt, sondern eher Buttermilchgetzen, erzgebirgische Mundart, Bergparaden & Co. zum immateriellen Unesco-Welterbe gekürt werden. "Dann könnten wir weltweit mit dem Gold in unseren Köpfen werben, anstatt mit dem Silber erschöpfter Bergwerke", meinen die beiden.
Diese Argumentation hat Matthias Lißke , Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH , auf die Palme gebracht. Die Umwandlung des Unesco-Welterbeprojekts "Montanregion Erzgebirge" sei "keine Idee, eher mangelnde Sachkenntnis oder aber bewusste Täuschung", so Lißke und gibt zu bedenken: Zum einen sei Deutschland dem Unesco-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes gar nicht beigetreten. Somit wäre es derzeit gar nicht möglich, diese Idee weiter zu verfolgen. Und auf eine andere Haltung des Bundes zu hoffen, könnte Jahre wertvoller Zeit kosten. Zum zweiten befürchtet Wirtschaftsförderer Lißke, dass eine Beschränkung auf die von den beiden Abgeordneten vorgeschlagenen Themen "für unsere Regionalentwicklung im Erzgebirge einseitig gefährlich und wenig zukunftsorientiert ist". Lißke stellt nicht infrage, dass erzgebirgische Traditionen und Brauchtum wertvoll sind. "Sie werden gelebt, aber die Region ist nicht auf diesem Niveau stehen geblieben", so Lißke. Denn selbst die heutige moderne Industrie habe ihre Wurzeln in der 800-jährigen Bergbaugeschichte des Erzgebirges. Lißke, dessen Firma das Welterbe-Projekt steuert, machte deutlich, was er von der Politik erwartet: "Wir brauchen Landtagsabgeordnete, die ihre Region unterstützen und gerade solche Projekte, die einen so großen gemeinsamen Willen der Region ausdrücken, nicht zerreden, sondern voranbringen."
LESERFORUM
Buttermilchgetzen für die Welt - kontra Bergwerk
Auf die Idee, der Welt das Erzgebirge - und damit auch den Buttermilchgetzen - als Teil ihres immateriellen Kulturerbes anzubieten, muss man erst einmal kommen. Was ist schon die Montanregion, in der mit dem Joachimstaler der Ursprung für die einst mächtigste Währung der Welt, - den Dollar - liegt, gegen diese leckere Speise? Ich vermute, den Herren Krauß und Günther kam ihre Idee nach dem Verzehr eines verdorbenen Getzens. Bei völliger Gesundheit kann der Vorschlag nicht entstanden sein. Wir Erzgebirger können reagieren und bei den nächsten Landtagswahlen Personen zum Status eines "immateriellen" Abgeordneten verhelfen. Diese können sich dann nach dem Wegfall der Diäten kostenschonend mit Buttermilchgetzen ernähren.
Rudolf Müller, Aue
"Hauptsache in der Zeitung"
Weltkulturerbe - ein beliebtes Thema auf Nebenkriegsschauplätzen, und, um ungefährliche Probleme publikumswirksam zu diskutieren. Die jüngsten Äußerungen unseres "Volksvertreters" Krauß lassen gelinde ausgedrückt Zweifel am Intellekt des christlichen Jungdemokraten aufkommen. Es ist nicht das erste Mal, dass der Vertreter der Arbeitnehmerschaft (CDA) mit tollen Ideen aufwartet - siehe Ortsumgehung Lauter etc. Der neueste Coup stellt einen Höhepunkt der Ideenwerkstatt von Herrn Krauß dar. Mundart und Buttermilchgetzen locken Touristen ins heimelige Erzgebirge. Man kann zur Auffassung gelangen, Herr Krauß verfährt nach dem beliebten Politikerverfahren "Hauptsache in der Zeitung". Tatsächliche Probleme scheinen weniger zu interessieren. Warum gehen die jungen Leute? Warum können (oder wollen) die Unternehmen nicht die Löhne wie im Westen zahlen. Hier ist Stoff zur Profilierung! Oder reicht das bisherige Abgeordneten-Salär nicht aus? Thomas Zöbisch, Aue Quelle: Freie Presse, Ausgabe Annaberger Zeitung, 26.07.2011