IWU-Forscher entwickeln revolutionäres Herstellungsverfahren weiter
Gekrümmte faserverstärkte Kunststoffprofile sind ein Schlüssel zum Leichtbau der Zukunft – ob in Architektur, Flugzeug- oder Fahrzeugbau. Weltweit gibt es allerdings bisher nur wenige Firmen und Forschungseinrichtungen, die solche gekrümmten Profile effizient herstellen können. Eine von ihnen ist das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Chemnitz. Forscher des Instituts entwickeln das »Radius-Pultrusion« genannte Verfahren zur Herstellung der gekrümmten Profile jetzt weiter. Mit dem preiswerten und effizienten Verfahren der Pultrusion ließen sich bis vor kurzem endlosfaserverstärkte Kunststoffprofile lediglich als gerade Bauteile herstellen. Dank ihrem Aufbau aus Verstärkungsfasern, die in eine Kunststoffmatrix eingebettet sind, können sie sehr großen Belastungen standhalten. Gleichzeitig besitzen sie ein sehr geringes Gewicht und weisen somit enormes Leichtbaupotenzial auf. »Das macht die Profile zu perfekten Strukturbauteilen, etwa im Anlagenbau«, sagt David Löpitz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer IWU. »Für komplexere und designrelevante Anwendungen braucht es allerdings neben geraden auch gekrümmte Profile. Diese können beispielsweise als Spanten für Flugzeugrümpfe verwendet werden.« Weltneuheit erstmals in Anwendung Herstellen lassen sich die Bauteile mithilfe einer Weltneuheit: der Radius-Pultrusion. »Entwickelt hat diese Technologie unser Industriepartner Thomas Technik + Innovation. Wir sind weltweit die erste Forschungseinrichtung die diese revolutionäre Technik bereits anwenden darf«, freut sich David Löpitz. Bei der Radius-Pultrusion werden zum Beispiel Fasern aus Glas, Kohlenstoff oder anderen Materialien gleichzeitig von mehreren großen Garnrollen abgespult und anschließend mit Harz imprägniert. Im Anschluss bringt sie ein beheiztes Werkzeug in die gewünschte Form und lässt sie zu einem fertigen Profil aushärten. Im Gegensatz zum herkömmlichen Pultrusionsverfahren für gerade Profile, das bereits vor über 55 Jahren entwickelt wurde, bewegt sich hierbei ein gekrümmtes Werkzeug schrittweise über das entstehende Bauteil. »Das ist genau andersherum als beim Standardverfahren, bei dem das Werkzeug stillsteht und das Werkstück sich bewegt«, erklärt David Löpitz. Diese Verfahrensabwandlung ist der Schlüssel zu den gekrümmten Profilen. »Wir können auf diese Weise aktuell Bauteile mit einem Radius ab 1,5 Meter fertigen.« Pultrusion vom Bug bis zum Heck David Löpitz und seine Kollegen vom Fraunhofer IWU wollen das Verfahren nun gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Forschung weiter revolutionieren: »Unsere Vision: Das Pultrusionsverfahren soll beispielsweise im Automobilbau in Serie gehen.« Dafür müssen die Wissenschaftler eine Möglichkeit finden, Profile herzustellen, bei denen sich gekrümmte und gerade Partien beliebig abwechseln. So lassen sich Strukturbauteile fertigen, die die gesamte Kontur eines Autos abbilden – vom Bug über die A- und C-Säule bis zum Heck. Das Ergebnis wären enorm crashstabile und gleichzeitig leichte Karosseriesegmente, die sich zudem sehr wirtschaftlich fertigen lassen.