Freiberger forschen für ökologische Autos und Flieger
VON RAMONA NAGEL
FREIBERG - Zumeist müssen Wissenschaftler und Ingenieure viele Jahre dafür kämpfen, dass ihre Neuerungen in die Praxis überführt werden. Norbert Gatzweiler und Frank Herkenräder haben das in der vergleichsweise kurzen Zeit von knapp vier Jahren geschafft. 2007 gründeten die beiden Techniker, die sich als Angestellte in einem großen Unternehmen für Warmbehandlungen kennen lernten, in Rietberg (NRW) ihre Firma BPR-Engineering. Sie wollten Anlagekonzepte zur Warmbehandlung von Aluminiumbauteilen entwickeln.
Mit Aluminium setzen die beiden Ingenieure auf einen Werkstoff der Zukunft. Mit seiner geringen Dichte und hohen Festigkeit ist er in der Automobil- und Flugzeugindustrie begehrt. Zunehmend werden Bauteile aus Guss oder Stahl von Aluminium oder -guss ersetzt. Das bringt weniger Masse, geringeren Treibstoffverbrauch sowie Schadstoffausstoß. Dreh- und Angelpunkt bei der Bearbeitung der Gussteile ist die Wärmebehandlung, speziell das Abschrecken. Unter Verwendung von Wasser kann das Bauteil sich verformen, bei Luft erreicht es nicht die gewünschte Festigkeit. Die patentierte Lösung der BPR ist ein Luft-Wasser-Gemisch, das mit feinen Düsen versprüht wird.
Das Zusammentreffen mit Professor Klaus Eigenfeld veränderte das Denken der beiden Westfalen und die fortan häufigen Fahrten nach Freiberg ihr Leben. Der Direktor des Gießerei-Instituts der Bergakademie war der Überzeugung, dass Warmbehandlungsversuchsanlagen dringend benötigt werden und bot in seinem Institut sehr gute Bedingungen dafür. "In der Ausbildung und der realen Forschung im Bereich Gießen sind wir weltweit mit führend", sagt Eigenfeld. Doch Investoren blieben vorerst aus. "In der Rezession findet sich schwer ein Geldgeber", meint Gatzweiler über das Jahr 2009.
"Wenn man eine gute Idee hat, kommt man in Sachsen gut voran."
Prof. Klaus Eigenfeld Institutsdirektor
Nur wenige Monate später kommt das Projekt in Fahrt. Eigenfeld stellt in seinem Institut Räumlichkeiten zur Verfügung, es entwickelt sich eine enge Zusammenarbeit. Im Herbst 2010 startet die Aluheat GmbH, sie wird vom Technologiegründerfonds Sachsen (TGFS) finanziell sowie auch vom Gründernetzwerk Saxeed unterstützt. "Wenn man eine gute Idee hat, kommt man in Sachsen gut voran", sagt Eigenfeld. Zu den geschäftsführenden Gesellschaftern gehört neben Gatzweiler und Herkenräder auch Fred Zimmermann, ein Absolvent der Bergakademie, der nach seinem technischen Studium derzeit ein betriebswirtschaftliches Zusatzstudium absolviert. Aluheat erhielt im November 2010 den Sonderpreis Technologie-Transfer des sächsischen Wissenschaftsministeriums.
Mit Fachpublikum wird heute Abend die neue Anlage eingeweiht, die Eigenfeld weltweit einzigartig nennt. Mit ihr werden künftig Warmbehandlungsversuche durchgeführt, neue Verfahren und Technologien entwickelt und erprobt sowie Materialeigenschaften geprüft. BMW, Audi, VW sowie große Gießereien haben Bedarf angemeldet. In drei Jahren sollen in der Firma etwa 20 Leute arbeiten. "Mittelfristig wollen wir 17 Leute einstellen, alles Ingenieure", sagt Gatzweiler. Der Umsatz soll in dieser Zeit auf etwa drei Millionen steigen. Und in fünf Jahren, sagt Eigenfeld, müsse Aluheat völlig auf eigenen Beinen stehen. Quelle: Freie Presse, Ausgabe Annaberger Zeitung, 17.03.2011