Erzgebirgisches Know-how ist „Teil“ der neuen S-Klasse

Vor wenigen Wochen hat Daimler sein neues Flaggschiff vorgestellt, die neue S-Klasse. Das  Unternehmen MSM Hänel aus Schwarzenbergs Ortsteil Pöhla ist Teil des Projektes. In dem Fahrzeug fahren künftig zwei Scharniere in der hinteren Mittelarmlehne aus dem Erzgebirge mit. Klingt unspektakulär – für MSM Hänel ist es aber durchaus ein Prestigeprojekt. Um das Konzept optimal umzusetzen, holten sich die Schwarzenberger noch weitere Kompetenzen aus der Nachbarschaft mit ins Boot. So vereinigt sich im Scharnier der S-Klasse die Expertise aus vier erzgebirgischen Firmen, beginnend beim Werkzeugbau und formvollendet beim Oberflächenveredler. Und: es ist ein weiteres der unzähligen Beispiele, dass in nahezu jedem deutschen Auto eine Vielzahl an Teilen aus dem Erzgebirge zu finden ist.

 

Umso stolzer sind wir, für das Daimler-Flaggschiff einen Baustein leisten zu dürfen

„Mit etwa 10 Mitarbeitern sind wir ein recht kleines Unternehmen. Umso stolzer sind wir, für das Daimler-Flaggschiff einen Baustein leisten zu dürfen und vor allem eine recht personalintensive Baugruppe komplett herzustellen, nachdem der Trend in den letzten Jahren eher Richtung Automaten ging“, so Geschäftsführer Ruben Hänel. Konstruiert um einen Fluiddämpfer, mit Know-how aus der Möbelindustrie, hat allein dieses, relativ komplexe, Bauteil eine über 2 jährige Entwicklungszeit hinter sich. Tausende Funktionstests in Hitze und Eiseskälte mussten die Scharniere im Probelauf überstehen. Oberstes Ziel war es, ein geschmeidiges, geräuschfreies Auf und Ab auf Dauer zu gewährleisten. Ende 2019 wurde schließlich erfolgreich erstbemustert. „Seitdem wird bei uns fleißig montiert. Sieben Stanz-Biegeteile vernietet und endmontiert und damit kommt das komplette Scharnier inclusive zugekauftem Dämpfer aus dem Hause MSM“, erklärt Hänel.

 

Auf das Herstellen von Stanzteilen aus Metall und nicht-metallischen Werkstoffen hat sich das Unternehmen spezialisiert, das bereits 1937 gegründet wurde. Ganz gleich ob 100 Stück oder 5 Millionen Bauteile, im Kern der Arbeit geht es darum, Kunden komplett zu betreuen. Von der Kalkulation über den Werkzeugbau (in Kooperation) bis hin zur Erstbemusterung. Die Branchenliste, für die entwickelt und produziert wird, zeugt von Flexibilität und der Expertise, auch Sonderwünsche zu erfüllen: Hauptsächlich für die Sanitärbranche, Automotive, Elektrowerkzeuge, Weiße Ware, Modelleisenbahnen bis hin zu Medizintechnik reicht die Palette.

 

Das Scharnier ist quasi der Produkt gewordene gemeinsame Messestand  Erzgebirge .

„Ebenfalls aus Schwarzenberg , von Fischer Werkzeugbau, kommen die Werkzeuge für die präzisen Stanz-Biegeteile. Die Nieten von Normteile Lindner aus Ehrenfriedersdorf erhalten bei GAZIMA ihre schwarze Oberfläche“, verrät Ruben Hänel und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Das Scharnier ist quasi der Produkt gewordene gemeinsame Messestand Erzgebirge.“ Gemeint ist hier die Präsentationsfläche auf der zweijährlich stattfindenden INTEC in Leipzig, der internationale Fachmesse für Werkzeugmaschinen, Fertigungs- und Automatisierungstechnik, die im März 2021 als rein digitale Veranstaltung stattfinden soll. Die MSM Hänel GmbH stand dort wiederholt gemeinsam mit der GAZIMA GmbH aus Grünhain-Beierfeld und der Firma Normteile Lindner GmbH aus Ehrenfriedersdorf auf einer Präsentationsfläche. Eben diesen Unternehmen, die direkt an jenem Autoteil mitwirkten, das nun zusammen mit vielen anderen für gehobenen Komfort bei einer Reise in der S-Klasse sorgt. Die Scharniere begeben sich nach Fertigstellung über den Erzgebirgskamm Richtung Tschechien. Bei FEHRER Automotive (Liberec) werden die Mittelarmlehnen vormontiert.

 

Hintergrund:

Die Expertise rund um Metall ist eine wichtige Kernkompetenz im Erzgebirge. Früher hier gefördert, ist das Metall der Werkstoff, der heute tagtäglich be- und verarbeitet wird. So ist es eine logische Folge, dass die starke Branchenvielfalt im verarbeitenden Gewerbe von der Metallindustrie und dem Maschinenbau dominiert wird. Innerhalb des Verarbeitenden Gewerbes ist fast jedes dritte Unternehmen in der Metallbranche tätig. Verantwortlich dafür ist die über 800jährige Bergbauhistorie der Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří, die seit 2019 den Titel UNESCO-Welterbe trägt.