Erzgebirgische Medizintechnik expandiert
In Medizin und Pharmazie ist das Züchten von Zellen ein großes Thema. Dafür hat das erzgebirgische Unternehmen Einmal-Bioreaktoren entwickelt. Um die herzustellen, braucht die Firma mehr Platz. Lichtenberg. Manufaktur statt automatisierter Massenproduktion: In den Reinräumen der Medizintechnik Hegewald in Lichtenberg (Mittelsachsen) wird nahezu jedes Produkt einzeln per Hand bearbeitet. Komplett ausgestattet mit Schutzanzug, -brille, -maske und -handschuhen, steckt eine Mitarbeiterin zum Beispiel dünne Schläuche an Infusionsbeutel. Oberstes Gebot: steriles Arbeiten und regelmäßiges Desinfizieren. Schließlich sollen über die Beutel Patienten versorgt werden. Rund 100 Mitarbeiter, zum Großteil Frauen, arbeiten in Lichtenberg. "Allerdings stoßen wir an Kapazitätsgrenzen", sagt Geschäftsführer Robert Hegewald. Die Geschäftsentwicklungskurve zeigt steil nach oben. 6,5 Millionen Euro Umsatz macht die Produktionsfirma eigenen Angaben zufolge pro Jahr; davon 21 Prozent im Ausland. "Jetzt müssen wir sehen, dass wir mit der Produktion hinterherkommen", meint der Diplom-Bauingenieur, der das Unternehmen 1999 von seinen Eltern übernommen hat und seitdem führt. [...] In dem künftig dritten Reinraum will Hegewald Einmal-Bioreaktoren aus Folie produzieren lassen. "Dieser Geschäftsbereich wächst stark, unsere Bioreaktoren sind gefragt", sagt der Unternehmer. In Bioreaktoren können unter bestimmten Bedingungen Zellen gezüchtet werden, beispielsweise für Pharmazie und Medizin. Weil es jedoch sehr umständlich ist, einen Bioreaktor zu säubern und zu sterilisieren, erklärt Hegewald, hat die Firma einen Einmal-Folienbeutel entwickelt, mit dem ein Edelstahl-Bioreaktor innen ausgekleidet wird. Darin werden dann die Zellen gezüchtet. Am Ende wird nur die Folie entfernt und der Bioreaktor mit einer neuen Folie bestückt. Die erste Anfrage dazu kam von der Firma Nestlé, die in einem sterilen Gewächshaus Kaffeesorten züchtet, erzählt der 44-Jährige. Daraufhin habe das Unternehmen die Einmal-Bioreaktoren entwickelt. "Wir liefern schon nach Frankreich und Mexiko, in die Niederlande und die Schweiz, Anfragen haben wir aus Vietnam", so der Geschäftsführer. Dass die Firma vom Land so boomt, hat verschiedene Gründe. Zum einen bedient das Unternehmen eine spezielle, aber sehr gefragte Nische. Zum anderen konzipiert das Unternehmen einen Teil seiner Anlagen in der eigenen Werkstatt selbst. So hat das Unternehmen vor sechs Jahren eine Anlage entwickelt, um Flüssigkeiten in Infusionsbeutel fließen zu lassen. Mit diesem sogenannten Compounder sei das Lichtenberger Familienunternehmen sehr erfolgreich und deutschlandweit unter den großen Herstellern sogar Marktführer, sagt Hegewald. [...] Quelle: Freie Presse vom 08.03.2018, Cornelia Hennersdorf