Erzgebirgische Fleischerei erhält Service-Innovationspreis
Sehma am Wochenende, das Wetter ist schön. Unverhofft sagen sich Freunde zum Grillen an. Ein Blick auf den Vorrat verrät: Getränke und Grillkohle reichen. Doch Fehlanzeige für Bratwurst und Co. Für den Einkauf ist es längst zu spät. Nun kommt der Service von Fleischermeister Jens Drechsler ins Spiel. Ein Anruf unter der von März bis September geschalteten Notfall-Hotline genügt, und alles, was das Grillherz begehrt, wird frisch geliefert. „Natürlich wird auch geliefert, wenn es keinen ‚Notfall’ gibt und nur spontan die Lust am Grillen ausbricht“, sagt Jens Drechsler und lacht. Den Bratwurst-Notfalldienst rief er im Jahr 2008 ins Leben. In den Sommermonaten ist der Dienst montags bis sonntags bis 22 Uhr verfügbar. In Extremfällen ist der 41-Jährige auch schon weit nach Mitternacht aus dem Bett geholt worden. Dann hat er sein Auto mit der gewünschten Ware beladen, geliefert und ist anschließend wieder schlafen gegangen. Er sieht’ s gelassen: „Die Zukunft liegt in der Dienstleistung“, ist er sicher. Und dazu gehört für den bodenständigen Erzgebirger, dass er das Ohr am Kunden hat und deren Wünsche erkennt. „Darüber hinaus müssen natürlich die Basisfertigkeiten und das Sortiment stimmen“, sagt Jens Drechsler, der weiß, wovon er spricht. Schließlich führt er seit 2007 das Familienunternehmen in siebenter Generation. Seit 1628 David Drechsler die Fleischerei in Oberwiesenthal gründete, wurde sie nicht aus der Hand gegeben. Jens Drechsler hat in Buchholz das Fleischerhandwerk erlernt und ist anschließend in den väterlichen Betrieb zurückgekehrt. Heute beschäftigt das Unternehmen 17 Mitarbeiter, es unterhält drei Filialen und bietet einen Großhandelsservice für Krankenhäuser, Vereine, Hotels sowie einen Cateringservice für bis zu 100 Personen. Pro Woche werden etwa zwei Tonnen Fleisch verarbeitet. Die Angebotspalette umfasst neben Fleisch- und Wurstwaren auch zahlreiche hausgemachte Frischkäsesorten und Käse. „Das Kaufverhalten der Kunden ist einem ständigen Wandel unterworfen“, sagt Jens Drechsler. Deshalb ist für ihn der „Blick über den Tellerrand“ entscheidend. „Ich bin immer auf der Suche nach Dingen, die gefallen. Wir sind ein handwerklicher Dienstleister und versuchen, Kundenwünsche zu erfüllen. So banal das klingen mag.“ Die Auszeichnung ist für Jens Drechsler ein klares Zeichen dafür, dass nicht nur die großen Industriezweige mit Innovationen glänzen. „Auch im Handwerk und in der Region ist etwas möglich. Dafür brauchen wir eine Wahrnehmungsveränderung“, sagt er. Und er fügt hinzu: „Ohne ein Team, dass die Ideen mit umsetzt, würde es diese Auszeichnung auch nicht geben.“ Zum Service-Innovationspreis Deutschland Was große Unternehmen können, das können kleine Unternehmen schon lange: Innovative Ideen für Kunden erfinden. Meist nicht mit internationaler, oft nicht einmal mit nationaler Wirkung, aber regional richtig gut. Am 20. März wurde in Berlin von Ernst Hinsken, dem Vorsitzenden des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie des deutschen Bundestages, zum ersten Mal der Service-Innovationspreis Deutschland überreicht. Ein Preis explizit für Service-Innovationen von kleinen und mittleren Unternehmen. Die Preise wurden in zwei Kategorien verliehen: Service-Dienstleistung und Servolation. Text und Foto: Ariane Grund