"Ein guter Abschluss gilt als Lehrstellengarantie"
Von jan Görner
Marienberg - "Wer einen sehr guten Schulabschluss hat, kann sich seine Lehrstelle
aussuchen." Noch vor drei Jahren wären solche Äußerungen angesichts unzähliger
vergeblicher Bewerbungen junger Leute mit Realschulabschluss und Abitur auf tiefes
Unverständnis gestoßen. Heute ist das jedoch die Realität auf dem Ausbildungsmarkt,
betonte der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Annaberg-Buchholz ,
Gerhard Rohde, am Samstag zur Ausbildungsmesse in der Marienberger
Goldkindsteinhalle.
Im ehemaligen Mittleren Erzgebirgskreis sind für das kommende Ausbildungsjahr bereits
185 freie Lehrstellen gemeldet. "Noch nie konnten wir so früh so viele Ausbildungsplätze
verzeichnen", erklärte Rohde. Die Erklärung dafür lieferte der Arbeitsmarktspezialist gleich
selbst: "Die Unternehmen haben erkannt, dass sie sich um geeignete Azubis kümmern
müssen." Demnach würden die Firmen der Region Schulabgänger mit guten Abschlüssen umwerben. Der Grund dafür liege, so Gerhard Rohde, in den sinkenden Absolventenzahlen. So stehen dem Lehrstellenmarkt derzeit nur noch etwa die Hälfte der Schulabgänger zur Verfügung als noch vor zehn Jahren. Etwa 1500 Jugendliche werden sich im Erzgebirgskreis im kommenden Ausbildungsjahr um eine Lehrstelle oder einen Studienplatz bemühen.
Zur Ausbildungsmesse präsentierten sich 76 Aussteller verschiedener Branchen der
Region. Wie Projektleiterin Kerstin Hillig vom Organisator der Veranstaltung, der
Wirtschaftsförderung Erzgebirge , mitteilte, seien das zehn mehr als vergangenes Jahr.
Unter dem Motto "Hier geblieben - Deine Zukunft liegt im Erzgebirge " wollten sie die
Besucher davon überzeugen, dass die regionale Wirtschaft ausreichend Lehrstellen zur
Verfügung stellt. "Wir möchten verhindern, dass unsere Jugend abwandert", sagt Hillig.
Wie eine Umfrage unter jungen Besuchern bewies, will ein großer Teil der Schulabgänger in der Region bleiben. "Natürlich ist das wichtig für mich", sagte Paula Müller aus Amtsberg. Dennoch schließt sie nicht aus, für ein gutes Angebot in die alten Bundesländer zu gehen.
Gerhard Rohde bestätigte, dass das Pendeln nach dem Westen weiterhin ein Thema bleibt. Allerdings verliert es an Bedeutung. "Ich vermute, dass das in Zukunft noch weiter zurückgehen wird", so der 56-Jährige. Der einzige Grund bleibt das Lohngefälle, das
derzeit noch zu Gunsten der alten Bundesländer spricht. Das werde sich aber, ist Gerhard
Rohde sicher, in absehbarer Zukunft an das der alten Bundesländern angleichen müssen.
Quelle: Freie Presse, Ausgabe Marienberger Zeitung, 16.11.2010