Bergakademie hat Lithium im Visier
VON MARIA LOTZE
FREIBERG - Die Nachfrage nach Lithium steigt. Kabellose Alltagsbegleiter wie Handy oder Digitalcamera aber auch Elektroautos holen sich ihre Energie aus Lithium-Ionen-Akkus. "Lithium hat immer mehr Auswirkungen auf unseren Alltag", erklärt Martin Bertau, Direktor des Instituts für Technische Chemie an der TU Bergakademie Freiberg und Leiter des Lithium-Projektes. "Man ist gut beraten, sich die heimischen Rohstoffquellen zu erschließen, um nicht geopolitisch abhängig zu sein", begründet Bertau das Projekt, bei dem Forscher nach Möglichkeiten suchen, Lithium effektiv aus regionalen Quellen zu gewinnen.
"Vor zehn Jahren war vieles auch technisch noch nicht möglich."
Martin Bertau Projektleiter
Aber auch die Preissteigerung auf dem Weltmarkt hat für die zunehmende Bedeutung der hiesigen Rohstoffe gesorgt. Daher forscht und testet seit Anfang März ein Verbund von acht Instituten der Bergakademie und sechs regionalen Unternehmen an einem praxistauglichen Verfahren, um Lithium effektiv aus Naturrohstoffen zu gewinnen beziehungsweise zu recyceln. Unterstützung bekommen die Forscher vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 2,8 Millionen Euro Fördermitteln.
"Eines der größten Lithium-Vorkommen befindet sich im Salzsee Salar de Uyuni in Bolivien. Weitere lithiumhaltige Salzseen gibt es in Chile. Doch es ist eine technische Herausforderung, das Lithium dort abzubauen", erklärt Bertau die Probleme bei der Beschaffung des begehrten Rohstoffs. Aber es gibt auch regionale Lithium-Quellen. Als unbehandelter Naturrohstoff kommt das Leichtmetall in Zinnwaldit vor, das, wie der Name schon sagt, in Zinnwald lagert. "Wir wollen versuchen, die prozesstechnischen Voraussetzungen zu schaffen, um die Lagerstätte auszubeuten", erklärt Bertau. Gut 50.000 Tonnen Lithium werden dort vermutet. Bisher sei Zinnwaldit nicht förderwichtig gewesen: "Vor zehn Jahren war vieles auch technisch noch nicht möglich", gibt Bertau zu bedenken.
Ein großes Problem bei der Gewinnung von Lithium aus Zinnwaldit ist das Fluorid, das in dem Primärrohstoff enthalten ist. "Fluorid ist in Zahnpasta toll, doch bei der Aufbereitung des Zinnwaldits nach klassischem Verfahren entsteht Fluorwasserstoff. Die Technik, um mit dem giftigen Gas umzugehen, ist sehr teuer", so Bertau. Die Chemiker der TU haben ein einzigartiges Verfahren entwickelt, um das Problem zu lösen: "Das gesamte Rohmaterial kann ohne Rückstände nutzbar gemacht werden. Das Verfahren ist bisher einzigartig", beschreibt der Projektleiter. Das durch das Verfahren gewonnene Fluorid findet bei der Fluorchemie Dohna einen Abnehmer, eine der sechs Firmen, die in das Projekt integriert sind, um den Forschern der TU eine konkrete Verwertung ihrer Arbeit zu sichern.
Als weitere Quellen werden Sekundärrohstoffe, bereits gebrauchte Lithium-Ionen-Akkus, herangezogen, aus denen das Leichtmetall wieder aufbereitet werden kann. Die Muldenhütten Recycling und Umwelttechnik organisiert die Sammlung der alten Akkus. Primär- und Sekundärrohstoffe werden in einem speziellen chemischen Verfahren zusammengebracht und das Lithium herausgefiltert. Daher die Bezeichnung des Verbundprojekts "Hybride Lithiumgewinnung".
Rund 35 Professoren, Doktoranden und Studenten der TU beteiligen sich an dem Projekt. "Ziel ist es, in zwei Jahren den Labormaßstab zu verlassen und an den Pilotmaßstab zu denken", blickt der Projektleiter in die Zukunft. Quelle: Freie Presse, Ausgabe Freiberger Zeitung, 25.03.2011