Der heimische Badeofen und texanische Hitze

19.12.2023

Man trifft sich immer zweimal im Leben

Man trifft sich immer zweimal im Leben. Dennis Schäfer und Josephine Burke teilten sich in der Grundschule einen Tisch, trainierten gemeinsam im Wintersport und verloren sich schließlich aus den Augen. Etwa 25 Jahre später sind der Geschäftsführer und die Kundenbetreuerin wieder ein perfektes Team, teilen Tische in Besprechungsräumen und Ideen, wie man das Unternehmen Eisenwerk Wittigsthal weiter voranbringen kann. Dazwischen liegen zwei Lebenswege, die mit tausenden Kilometern Abstand unterschiedlicher nicht sein können und doch mit einem Ziel zusammenführen: dem Wunsch in ihrer Heimatstadt am Erzgebirgskamm etwas wirtschaftlich zu bewegen.

Der Erzgebirgskamm ist rau, dicht bewaldet und an vielen Tagen im Jahr sehr kalt. Vielleicht ist das der Grund, weshalb man genau dort irgendwann begann, Badeöfen zu produzieren. Tausende dieser Öfen verließen zu DDR-Zeiten die Hallen der heutigen Eisenwerk Wittigsthal GmbH. Sie waren ein Kassenschlager, für den das Unternehmen noch heute bekannt ist. Die Historie des Eisenwerks reicht über 370 Jahre zurück. Es ist ein typischer Betrieb für einen Ort wie Johanngeorgenstadt, der auf eine lange Bergbauhistorie gründet, aus der sich Metallurgiewerke entwickelten. Zweimal im Jahr öffnet sich für etwa sechs Wochen am Stück der historische Teil des Betriebes und die Emailöfen werden zur Produktion der noch immer oder gerade wieder begehrten Badeöfen hochgefahren. Sie machen aber nur einen kleinen Teil des Unternehmens aus, das heute mit modernen und neuen Produkten Richtung Zukunft blickt – und jungen Menschen wie Josephine Burke und Dennis Schäfer eine Perspektive gibt.

Zwischen Badeofen und erzgebirgischer Haustechnik

Josephine Burke kann sich noch an den eisernen Badeofen in ihrer Kindheit erinnern. Heute hat sie gemeinsam mit ihrem Mann Eric eine komplett neue Heizungsanlage ins neue Haus eingebaut. Nach einem Austauschjahr in den USA während der Abizeit ging sie zum Studium der Interkulturellen Wirtschaftskommunikation sowie Anglistik und Amerikanistik nach Jena. Dort lernte sie Eric kennen, einen Amerikaner, der aufgrund väterlicher Wurzeln in Deutschland arbeitete. Schon bald fielen die Würfel, wo der Lebensmittelpunkt sein sollte: in Texas. Die Absolventin stieg in ein großes Unternehmen im Einkauf ein, steuerte schließlich die Abteilung. Das Leben unter der texanischen Sonne war gut. Doch mit der Geburt des ersten Sohnes kamen Zweifel.

„Ich fragte mich: Wo soll unser Kind aufwachsen? Es gab so viele Pro und Kontras, ich wollte bleiben und doch zog es mich so sehr in meine große Familie zurück“,

erinnert sie sich. Mit einem acht Wochen jungem Baby und quasi nichts in der Hand kamen sie zurück. „Viele schauten fragend: Was, ihr kommt aus den USA in die Provinz zurück? Was keiner sieht, sind auch Gründe wie eine mangelnde soziale Absicherung da drüben. Mutterschutz gibt es beispielsweise nur zwölf Wochen.“ Für sie war es eine Rückkehr nach Hause, für Eric ein Sprung in ein neues Leben. Bis heute zieht sie vor ihrem Mann den Hut, den großen Schritt mit zu tragen, weiß um die Entbehrungen, die eben einer von beiden zwangsläufig trägt. Ein Kind und einen Job später bewarb sie sich initiativ im Eisenwerk Wittigsthal – und bekam den Job.

Eisenwerk Wittigsthal GmbH

Eisenwerkstr. 1

08349 Johanngeorgenstadt

Fon : 03773 / 506-0

Email : info@wittigsthal.de

www.wittigsthal.de

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Lokalpatriot nutzte Chancen im Erzgebirge

„Ich wusste: Josie ist ein Gewinn für die Eisenwerk Wittigsthal GmbH“, reflektiert Dennis Schäfer, der zu dem Zeitpunkt noch nicht Geschäftsführer des Eisenwerkes war. „Wir suchten eigentlich jemanden für Vollzeit, was Josie verständlicherweise mit zwei kleinen Kindern nicht leisten möchte. Aber weil wir inzwischen schon wieder über den Wintersportverein Kontakt hatten, war ich mir sicher, das passt. In dem Verein trainierten wir übrigens beide schon als Kinder gemeinsam ehrgeizig Skispringen.“ Er überzeugte den damaligen alleinigen Geschäftsführer Jochen Browa, das Experiment anzugehen und Josephine mit anfangs wenigen Stunden einzuarbeiten. Dennis Schäfer weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig es ist, motivierten Menschen Chancen zu geben. Er, der sich  zum Werkzeugmechaniker ausbilden ließ, lernte Jochen Browa im Jahr 2010 kennen. Gemeinsam haben Sie den Grundstein für die Systemtechnik Erzgebirge GmbH gelegt, das sich auf Systemlösungen in der Haustechnik, insbesondere auf die Herstellung von Verteilersystemen für Flächenheizung spezialisiert hat. Eine Weiterbildung zum Industriemeister und ein Studium zum Technischen Betriebswirt erolgte nebenberuflich, währenddessen baute er die Fertigung weiter aus. Vor vier Jahren übernahm er die Geschäftsführung der Firma, die direkt neben dem Eisenwerk angesiedelt ist. „Vor zwei Jahren fragte mich dann Jochen Browa, ob ich zudem in seine Fußstapfen als Geschäftsführer des Eisenwerks treten möchte....

... Es war für mich eine große Ehre, dass er mich gefragt hat und ich als Lokalpatriot diese Chance bekommen durfte“,

erzählt Dennis Schäfer. „Und die Übernahme ist auch noch nicht abgeschlossen, sondern läuft Stück für Stück“. So kann Dennis Schäfer sich entwickeln, wachsen und eigene Ideen umsetzen.


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Viel mehr als nur ein Kultobjekt

Die Eisenwerk Wittigsthal GmbH ist heute viel mehr als ein Hersteller von einem Retro-Kultprodukt: der emaillierte Badeofen, der nur noch einen kleinen Prozentsatz vom Gesamtumsatz bzw. 2.000 bis 4.000 Öfen im Jahr ausmacht. Tendenz leicht steigend, weil der Selbstversorgergedanke im Trend ist. „Womit wir eigentlich Marktführer sind, wissen die wenigsten“, weiß Schäfer. Das Unternehmen fertigt Systemlösungen für die Haustechnik für einen Kundenkreis in ganz Europa. „Wir stellen all das her, was ein Klempner verbaut, aber der Kunde bis auf die Zählerkapseln nicht sieht“, erklärt Dennis Schäfer. Dazu zählen Wasserzählermodule, Messtationen, komplette Schrankprogramme, aber auch Frischwasserstationen. Und einige der Produkte werden künftig noch stärker forciert –beispielsweise Systeme, die Trinkwasser effizient durch Abwärme vom Heizen mit erhitzen. Beliefert wird ausschließlich der Großhandel, wo der Handwerker einkauft. Aktuell platziert das Team eine Neuentwicklung am Markt: den UP-fix Clever ECO, ein cleveres Wasserzählermodul, das den Endkunden vor großen Wasserschäden bewahrt. Und hier ist dann das Fingerspitzengefühl von Josephine Burke gefragt, die gleich in zwei Sprachen wortgewandt ihren Kunden die Vorzüge der Produkte erklärt – künftig verstärkt in Skandinavien. „Wir sind gerade dabei, den skandinavischen Markt ein Stück für uns zu gewinnen, weil ich denke, dass er absolut zu uns passt“, so Schäfer. Und auch wenn das Unternehmen wie viele andere in der Region aktuell vor einigen Unsicherheiten steht, weiß der Geschäftsführer:

„Das Eisenwerk hat in hunderten Jahren viele Krisen gemeistert. Metall ist eben ein beständiger Werkstoff.“

So wie sein verwurzeltes, kompetentes Team, auf das er jederzeit bauen kann. Und da ist es gut, wenn man sich manchmal zweimal im Leben trifft.

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