Im Zeichen der Bienen

20.04.2021

Jürgen Schmiedgen und Anna Nemitz über ihre zwei Leidenschaften: Bienen und Medizin.

Hühner gackern, Enten schnattern, hin und wieder blökt ein Schaf. Ich sitze an einem sommerlichen Spätnachmittag mit Jürgen Schmiedgen und Anna Nemitz an einem rustikalen Gartentisch im Schatten einer alten Kastanie. Landidylle wie aus dem Bilderbuch – nur, dass es wirklich ist. Wir sind in Wiesa. Der Garten gehört zum elterlichen Hof von Anna Nemitz. Vor einem Jahr hat sie ein Studium in Dresden begonnen. Die junge Frau weiß, was sie will und hat ganz konkrete Pläne. Ebenso Jürgen Schmiedgen. Er ist ein gestandener Unternehmer und Hobbyimker. Sein Planungs- und Architekturbüro hat er jüngst an einen Nachfolger übergeben. Jetzt kann er sich voll und ganz auf ein Projekt konzentrieren, das mit seinem Hobby zu tun hat. Die Liebe zu den Bienen ist es, was Jürgen Schmiedgen und Anna Nemitz verbindet. Wenn auch auf unterschiedliche Weise.

Landärztin? Auf jeden Fall!

Als Anna Nemitz mir für das Interview angekündigt wurde, hieß sie noch Köhler. Das ist nur wenige Wochen her. Inzwischen hat die 20-Jährige geheiratet. Gemeinsam mit ihrem Mann ist für die nächste Zeit ein Umzug nach Cunersdorf bei Annaberg-Buchholz geplant. Bis sie dauerhaft dort leben kann, wird aber noch einige Zeit vergehen. Vor rund einem Jahr hat die junge Frau ihr Medizin- Studium begonnen – in Dresden. Dass sie sich beruflich im medizinischen Bereich orientieren möchte, stand seit der Sekundarstufe fest. „Ich hatte zwischendurch auch eine Ausbildung in Erwägung gezogen“, erklärt die Studentin, „doch dann habe ich schnell gemerkt, dass ich mehr wissen möchte.“ Also bewarb sie sich an der Technischen Universität in Dresden und wurde prompt genommen. Seitdem pendelt sie jede Woche nach Dresden und an den Wochenenden und in den Semesterferien zurück ins Erzgebirge . Hier trifft sie Freunde und ihre Familie oder absolviert erste Praktika.

Für ihr Studium hat sie ein Landarzt-Stipendium in Anspruch genommen. Damit verpflichten sich Studierende, nach dem Studium für mindestens sechs Jahre auf dem Land in einer Region mit Hausarztmangel zu arbeiten. Auch das Erzgebirge ist eine solche Region.

So schön das Leben in Dresden ist – sie zieht es zurück ins Erzgebirge.

Viele junge Menschen schreckt die Vorstellung, auf das Land zu gehen, von solch einem Stipendium ab. Anders bei Anna Nemitz. So schön das Leben in Dresden ist – sie zieht es zurück ins Erzgebirge. „Hier habe ich meine Familie, meine Freunde und mein Mann stammen von hier. Außerdem hänge ich sehr am Hof meiner Eltern“, erklärt die Erzgebirgerin. Für sie stellte das Stipendium eine willkommene Unterstützung ihrer Pläne dar. Und dann sind da natürlich noch die Bienen.

Gemeinsame Leidenschaft

Seit sie 12 Jahre alt ist, imkert die junge Frau. Nachdem sie einer Imkerin bei der Arbeit über die Schulter geschaut hatte, war sie von den kleinen Nutztieren fasziniert. Schnell stand der Entschluss fest, selbst Bienen halten zu wollen. Ihr Vater unterstützte sie. Er fand heraus, dass der Einstieg in die Imkerei am besten über eine Imkerpatenschaft erfolgt, bei der ein erfahrener Imker einem Neuling in den ersten Jahren zur Seite steht. Erste Anlaufstelle dafür sind Imkervereine. Also wandten sich Anna Nemitz und ihr Vater an den Imkerverein.

„Am Liebenstein“ in Walthersdorf

In diesem Verein war auch Jürgen Schmiedgen aktiv, der gerne als Imkerpate bereitstand. Beeindruckt hat ihn dabei die Unterstützung durch Anna Nemitz‘ Eltern: „Ihr Vater hat immer angerufen und mich gefragt: ‚Bist du bei den Bienen? – Dann kommen wir.‘ Er hat währenddessen gewartet, bis wir fertig waren. Diese Unterstützung ist außergewöhnlich.“ Zwei Jahre lang imkerten der erfahrene Imker und die junge Neuimkerin auf diese Weise gemeinsam. Heute betreut Anna Nemitz acht Wirtschaftsvölker. Hierbei unterstützt sie nach wie vor ihr Vater. Denn ganz ohne weitere Hilfe lassen sich acht Bienenvölker in Wiesa und das Studium in Dresden nicht vereinbaren.

Während die Imkerin von ihren Bienen ganz klassisch den Honig erntet, steht bei Jürgen Schmiedgen ein anderer Aspekt im Mittelpunkt. Der Unternehmer aus Walthersorf ist Vollblut-Imker seit 1968. Schon sein Vater und Urgroßvater hielten Bienen. Etwa zur gleichen Zeit, als er die Imkerpatenschaft für Anna Nemitz übernahm, erwachte bei ihm das Interesse für die Bienenstockluft- Therapie. Bei diesem Naturheilverfahren inhalieren Patienten Luft aus dem Bienenstock. Diese Luft ist warm und feucht und enthält verschiedene gelöste Stoffe aus dem Bienenstock. Insbesondere vom Bienenwachs, von Propolis und Honig. Das Verfahren kann vor allem bei Atemwegsproblemen oder Allergien Beschwerden lindern.

Als ich damals mit meiner Tochter bei einem Apitherapie-Kongress war, hörten wir das erste Mal von Bienenstockluft- Therapie. Meine Tochter wollte das sofort ausprobieren.

„Mein Enkelsohn litt an Atemwegsproblemen“, erklärt Jürgen Schmiedgen, „und als ich damals mit meiner Tochter bei einem Apitherapie-Kongress war, hörten wir das erste Mal von der Bienenstockluft- Therapie. Meine Tochter wollte das sofort ausprobieren.“ Dem Enkel halfen die Bienenstockluft-Anwendungen. Beim Inhalationsgerät zeigten sich jedoch schnell deutliche Schwächen.

Voller Einsatz für eine Professionelle Lösung

Vom Nutzen der alternativen Therapieform überzeugt, begann Schmiedgen, ein eigenes Gerät zu entwickeln. Dabei suchte er Lösungen, um die entdeckten Schwächen zu beheben. Sein Anspruch war hoch und heute ist das Inhalationsgerät aus dem Erzgebirge das einzige Gerät, das eine Zulassung als Medizinprodukt hat. Insgesamt acht Jahre dauerte es, bis die notwendigen Entwicklungen, Zertifikate und Zulassungen vorlagen. Dafür musste er unter anderem eine Weiterbildung zum Medizingerätehersteller absolvieren und eine klinische Studie erbringen. Zulieferer für das Gerät und Partner für die Studie fand er in der Region.

APIPRO Natura Jürgen Schmiedgen

Hauptstraße 13

09474 Walthersdorf

Fon : 03733 6778-20

Email : info@beecurasystem.de

www.beecurasystem.de

Bei der Weiterentwicklung beschränkte sich Schmiedgen nicht auf das Inhalationsgerät, sondern entwickelte ein ganzes Therapiesystem. Sein beecura®-System umfasst neben dem Inhalationsgerät eine Patientenbox mit Luftschlauch, Ventil und Atemmaske sowie eine durchdachte Therapiestation, in der Patienten und Bienen gleichermaßen praktikabel und gefahrlos betreut werden können. Wichtig ist ihm, eine hygienisch einwandfreie und vor allem sichere Bienenstockluft-Therapie zu ermöglichen. Deshalb legt er großen Wert darauf, dass die Therapien immer durch einen Arzt oder Heilpraktiker begleitet werden. Vielleicht ja in einigen Jahren durch Anna Nemitz. Vorstellen kann sie es sich auf jeden Fall.

Text: Philipp Senge

Fotos: Isabell Fischer

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