07.08.2020
Oder warum hier für jeden Geschmack ein Feierohmd- Bier dabei ist.
Des Deutschen liebstes Getränk hat eine Heimat im Erzgebirge . Wir haben Braumeister besucht.
Hopfen und Malz – Gott erhalt‘s. Der jahrhundertealte Spruch gilt auch im Erzgebirge, wo dies nach dem Reinheitsgebot die einzigen Zutaten neben Hefe und Wasser sind, die den Braumeistern in den Kessel kommen. Bis zu den ersten Silberfunden im 13. Jahrhundert reicht die Tradition des Brauens im Erzgebirge zurück. Die Arbeit in den Bergwerken machte durstig, der Ausschank rentierte sich. Doch nicht nur das: So exportierten die Zschopauer ihr Bier im 16. Jahrhundert nach Oberbayern, woraufhin man in München das erste eigene Hofbräuhaus errichtete – um nicht das Geld außer Landes zu schaffen. Es wuchs im sächsisch-böhmischen Erzgebirge ein Brauhandwerk, aus dem junge und erfahrene Braumeister bis heute schöpfen und neu interpretieren. Echte Durstlöscher und gute Biere finden sich entlang des Gebirgskamms zuhauf, einige haben wir uns genauer angesehen.
Der Biersommelier Max mit Blick in die Welt
Das Brauen von Manufakturbieren, Craft Beers, hat Biersommelier Max, alias Uwe Gottwald, erst 2018 für sich entdeckt. Aber 2016 gründete er bereits in Pockau-Lengefeld seine Bierfabrik Erzgebirge als Laden, wollte zeigen, wie groß die Geschmacksvielfalt weltweit ist. Denn Bier ist nicht gleich Bier und unterscheidet sich in Farbe, im Herstellungsverfahren und im Geschmack. Wer seine Tastings besucht, spürt: Der Mann ist vom Fach. Seit 2013 ist er Biersommelier, war damals der zweite Sachsens. Der Begriff des Sommeliers ist Jahrhunderte alt, ursächlich war jener ein Vorkoster am Hof und prüfte Speisen und Getränke auf Qualität. Das tut Uwe Gottwald heute auch – immer dann, wenn in seinem Laden eine neue Sorte aus anderen Ländern einziehen soll oder er eines seiner eigens kredenzten Sorten abschmeckt. Während seiner Seminare erfährt man, wie der Brauprozess mit den Rohstoffen funktioniert und welche Craft-Beer-Komposition zu welchen Speisen schmeckt.
Der Brauer mit Gastlichkeit im Blut
75 Jahre lebten die Zwönitzer abstinent – ohne eigene Brauerei. Seit 1997 sind die Braukessel im Brauerei-Gasthof Zwönitz – dem ersten im Erzgebirge – wieder in Betrieb.
Seit 2015 schaut Braumeister Dominik Naumann, der bereits ein paar Jahre vorher das Unternehmen von seinem Vater übernahm, kritisch ins Glas. Seine Intention von Beginn an: die lange, bodenständige Brautradition seiner Heimat mit der weltoffenen Experimentierfreude eines Craft-Brauers zu vereinen. 5.000 Hektoliter Bier mit Namen wie „Zwönitzer Feieromd“, „Zwönitzer India Pale Ale“ oder „Zwönitzer Rauchbier“ werden aus dem Kupfersudkessel abgefüllt. So entstehen Braukreationen, die sich vom Massenmarkt abheben. An zwei, drei Tagen pro Woche werden die Sudkessel der Brauschauanlage angeheizt und man kann dem Meister über die Schulter schauen.
Der Braumeister mit Familienhistorie
Orgelpfeifenbräu und Dampflokbier heißen zwei Sorten, die in den Braukesseln der Privatbrauerei Christian Fiedler Erzgebirgsbier zu ihrer Vollendung kommen. Die Verbundenheit zur Heimat wird in dem Familienunternehmen aus Oberscheibe bereits über die Biernamen gelebt. Bis ins Jahr 1813 reichen die Wurzeln zurück, seit 1855 verflochten mit dem Namen Fiedler. Nach einer wechselvollen Geschichte startete Christian Fiedler 1990 mit dem Kauf der Firma und einem klassischem Pilsner neu durch, investierte kontinuierlich in modernste Brauereitechnik. Heute führt Christian Fiedler gemeinsam mit Sohn Thomas in sechster Generation die Brauerei, in der 19 Mitarbeiter jährlich 18.000 Hektoliter Bier herstellen – das sind 3,6 Millionen Flaschen bzw. 180.000 Kästen Bier. 2009 gewann die Spezialitätenbrauerei beim „European Beer Star“ den Silver Award fürs Magisterbräu. Das Geheimnis hinter dem Erfolg? Christian Fiedler:
Bier braucht Heimat.
Text: Sabine Schulze-Schwarz
Foto: Georg Ulrich Dostmann